1868 -
München
: Lindauer
- Autor: Sattler, Maximilian Vincenz
- Auflagennummer (WdK): 1
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1868
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Selbstunterricht, Gymnasium
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Bayern
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
Innere Zustände Bajoariens unter d. Agilolfingern. 23
konnte man an das Herzogsgericht Berufung einlegen. Der
Herzog und später der deutsche König oder Kaiser ließ die Amts-
tätigkeit der Grafen durch eigene Abgesandte (mi88i) überwachen.
Das basoarische Gesetzbuch, welches auf Betrieb des
Frankenkönigs Dagobert I zwischen 628 und 638 zu Stande
kam, setzte mit großer Genauigkeit die Strafen für verbrecherische
Handlungen fest. In der Regel waren dieß Geldstrafen zur
Entschädigung des Beleidigten nebst einem Friedegeld an das
Gericht und die herzogliche Kammer. Die Größe dieser Geld-
bußen richtete sich sowohl nach der Größe des Verbrechens, als
nach dem Rang und Stand des Verbrechers, wie des Beleidigten
oder Beschädigten. Beeinträchtigungen der Kirche oder kirchlicher
Personen wurden schwer geahndet. Die Kirchen hatten Asylrecht.
Verbrechen am weiblichen Geschlecht oder an Gastfreunden wur-
den mit doppeltem Wergcld (von wer d. i. homo, also Preis
des erschlagenen Mannes) gestraft. Wer nicht mit Geld oder
Besitz zahlen konnte, fiel in Knechtschaft. Nur drei Fälle, Mord
des Herzogs, Lockung des Feindes in's Vaterland und Uebergabe
eines festen Platzes an den Feind, also Hochverrat!), führten zum
Tode. Als Beweismittel galten vor allem der Eid und Zeugen,
die man, wie bei den Römern, am Ohrläppchen herbeizog, zum
Zeichen, daß sie nicht aus eigenem Autrieb, aus Zuneigung oder
Interesse gekommen seien. Außerdem waren noch die Gottes-
urtheile zulässig. Diese bestanden theils in der Feuerprobe
(die bloße Hand in's Feuer halten, durch einen brennenden Holz-
stoß gehen, ein glühendes Eisen mit bloßen Händen tragen oder
mit bloßen Füßen betreten), theils in der Wasserprobe, bald
mit siedendem Wasser (Kesselsang), bald mit kaltem (der Unter-
sinkende war unschuldig und wurde herausgezogen), theils in der
Kreuzprobe (unbewegliches Stehen mit ausgehobenen Händen
an einem Kreuze). Das berühmteste und bei den Freien
häufigste Gottesurtheil war der Zweikampf.
Die Bevölkerung theilte sich in Freie und Unfreie
(Hörige). Nach dem herzoglichen Geschlechts der Agilolfinger
waren unter den edlen Freien die vornehmsten: 1) Die Huosi
(Andechser?) zwischen dem Lech, der Isar, Donau und den Al-
pen; 2) die Fagan a (Ebersberger?) an der Sempt und Mang-