1868 -
München
: Lindauer
- Autor: Sattler, Maximilian Vincenz
- Auflagennummer (WdK): 1
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1868
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Selbstunterricht, Gymnasium
- Regionen (OPAC): Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Bayern
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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Beilagen zum fünften Zeitraum.
Lande unter der Enns, und der Erzherzog Ernst zum Do in Propst von
St. Stephan in Wien und zum Kanzler der Universität daselbst. Khlesel
war damals erst 26 Jahre alt. Die Jesuiten hatten diesen mit außer-
ordentlichen Talenten und brennendem Eiser für den Katholizismus begabten
Mann ausersehen, das lutherische Oesterreich wieder katholisch zu machen.
Im Jahre 1588 wurde er vom Kaiser Rudolf Ii zum Administrator
des Bisthums Neustadt ernannt. Die Bürger dieser Stadt, fast alle
lutherisch, wurden auf seinen Antrag vom Kaiser zur Rückkehr zum Katholi-
zismus oder zur Auswanderung gezwungen. Im Jahre 1591 wurde er
auch Rektor der Universität Wien. Ein den Professoren gebotener Eid aus
Haltung des Tridentinums machte fast alle katholisch. Herzog Wilhelm V.
von Bayern hatte diesen Rath gegeben. Dieser und seine Schwester
Maria, Gemahlin des Erzherzogs Karl von Steyermark, hatten auf An-
suchen Khlesels eine große Anzahl Jesuiten nach Grätz gebracht, wo sie
bald die Oberhand gewannen. Im Jahre 1598 ward Khlesel vom Kaiser-
Rudolf Ii zum Bischof von Wien ernannt, so daß er jetzt zwei Bis-
thümer beisammen hatte. Dazu war er noch Offizial (Generalvikar) im
Bisthum Passau, und nach dem Ableben des Bischofs Urban ('s 1598)
während der Minderjährigkeit des Erzherzogs Leopold, Sohnes des Erz-
herzogs Karl von Steyermark und seiner Gemahlin Maria, einer
Schwester des Herzogs Wilhelm V von Bayern, unbeschränkt regierender
Herr des ganzen Bisthums. In der Folge wurde er vom Papste zum
Kardinal, und vom Könige Matthias zum Minister ernannt. Er hatte
eine starke Partei gegen sich, die Beamten, den Erzherzog Ferdinand von
Steyermark und den Herzog Maximilian I von Bayern, welche
seinen Sturz herbeiführtcn.
89. Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein, der dritte Sohn
einer wenig bemittelten, aber doch angesehenen böhmischen Adelsfamilie, war
auf dem seinem Vater gehörigen Gute Hermanic in Böhmen am 15. Sept.
1583 geboren, zeigte schon als Knabe einen feurigen hochstrebenden Geist
und machte seinen Erziehern durch seine unbändige Wildheit viel zu schaffeu.
Als er zwölf Jahre alt seinen Vater verloren hatte, nahm sich des Knaben
ein Oheim mütterlicherseits, Albrecht Slav at a, an und ließ ihn in einer
protestantischen Schule der böhmischen Brüder zu Koschumberg erziehen,
denn das Haus der Waldsteiue, wie das der Slavata bekannte sich zu dem
protestantischen Glauben. Einige Zeit später kam er in das adelige Eouvict
der Jesuiten zu Olmütz, wohin ihn ein anderer Oheim, Johann Kavea
von Ricam, empfohlen hatte. Waldstein trat hier zum katholischen Glauben
über, zeigte aber gegen den Unterricht in den Sprachen große Abneigung,
weshalb der Jesuit Pachta den Geist des jungen Menschen durch ander-
weitige Mittel zu bilden strebte. Rach seinem Austritte aus dem Convicte
ging er in Gesellschaft eines reichen jungen Edelmanns, Licek von Riefen-
burg, auf Reisen und besuchte das südliche und westliche Deutschland,
Holland und Italien. Als Hofmeister begleitete die beiden Herren ein
Freund des berühmten Keppler, Peter Verdungus, aus Franken gebürtig,
Mathematiker und Astrolog. Wahrscheinlich war es dieser Gelehrte, der in
die Seele Waldsteins Vorliebe für die geheime Wissenschaft der Sterne
legte. In Padua verweilten sie längere Zeit, um unter der Leitung des
berühmten Argoli, eines namhaften Himmelskundigen jener Zeit, in die Ge-
heimnisse der Cabbala und Astrologie einzudringen. Von da zurückgekehrt
erhielt er durch Empfehlung seines Vetters Adam von Wald st ein, Oberst-
stallmeisters bei Kaiser Rudolf, eine Stelle in dein gegen die Türken kämpfen-
den Heere und wurde wegen seiner Bravour bei der Belagerung von Gran
zum Hauptmann ernannt. Rach dem Friedensschlüsse (1606) heirathete er
die in Mähren sehr begüterte Wittwe, Lucretia Nik essin von Land eck,