1836 -
Leipzig
: Baumgärtner
- Autor: Fiedler, Franz
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Realschule, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Römische Antike
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Vorsteher der aus barbarischen Söldnern bestehenden Kriegsmacht er-
nannt, die nach der Auflösung der hunnischen Macht in Rom Dienste
genommen hatten. Orestes benutzte ihre Unzufriedenheit mit dem Kai-
ser ; er führte die Truppen nach Ravenna und nöthigte ihn am 28.
Aug. 475, die Kaiserwürde niederzulegen. Nepos sioh nach Dalma-
tien, wo ihn nach fünf Jahren der Bischof Glycerins ermorden ließ.
Orestes gab die ihm vom Heere angebotene Kaiserwürde seinem Sohne
Romulus Augustulus, einem schönen Jünglinge. Damals zog
Odoacher (Odoacer, Odovaker) mit einer tapfern Schaar von He-
rulern, Rugiern, Torcilingern und Skyrren, deren ursprüngliche Hei-
math Pommern und Rügen war, von den Ufern der Donau, wo sie
unter Attila's Herrschaft gewohnt hatten, aus Ungarn und Oestreich
durch Norikum nach Italien, wo viele ihrer Landsleute in der kaiser-
lichen Leibwache dienten. Auf dem Marsche durch Norikum besuchte
Odoacher in Ober-Baiern die Hütte des frommen Einsiedlers Seve-
rinus, der damals in jenen Landern das Christenthum lehrte, um
den Segen des heiligen Mannes zu empfangen. Als Odoacher, ein
Jüngling von hohem Wuchs mit einer Thierhaut bekleidet, beim Weg-
gehen sich bückte, um nicht mit dem Scheitel an die vbern Ouerbal-
ken der Thür zu stoßen, verkündigte ihm der Mann Gottes, der Zu-
kunft kundig: 77 Ziehe jetzt hin gen Jtalia, ziehe hin, Odoacher-, jetzt
mit einem gemeinen Pelze bekleidet, bald wirst du vielen Größeres
schenken." Als nun der Herulerfürst nach Italien kam, und für seine
Schämen den dritten Theil des Landes verlangte, trat ihm Orestes
gerüstet entgegen. Bei Pavia kam es zu einer Schlacht und Orestes,
der sich in die Stadt gerettet hatte, wurde nach der Einnahme der-
selben am 28. Aug. 476 getodtet. Sein Sohn, der junge Kaiser,
befand sich in Ravenna, aber er wagte nicht, die Stadt gegen die
gefürchteten Barbaren zu vertheidigen, da er sah, wie alle Städte
sich unterwarfen. Odoacher hatte vor Ravenna sich gelagert. Romu-
lus, der letzte römische Kaiser, ging demüthig zu dem Sieger hinaus,
legte vor ihm sein kaiserliches Purpurkleid ab und übergab ihm die
Zeichen der Herrscherwürde.
(Siehe die Abbildung Ns 84.)
So endigte im Jahr 1229 nach der Erbauung Roms, 506 nach
der Schlacht von Actium, im Jahr der christlichen Zeitrechnung 476
mit Romulus Augustulus das Kaiserthum Roms durch Barbaren aus
Pommern und Rügen! Odoacher schenkte dem Schutzstehenden das
Leben und wies ihm mit einem angemessenen Jahrgehalte von 6000
Goldstücken das alte Schloß Lucullianum in Kampanien an, wo er