1862 -
Soest
: Nasse
- Autor: Giefers, Wilhelm Engelbert
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Otto besiegt die Ungar».
139
„^eit in Bayern fortgeführt ward, endlich (Dec. 954) auch Ludolf: er
eilt zu feinem Vater, wirft sich zu feinen Füßen, vergießt Thränen der
Reue und unterwirft sich unbedingt. In Otto lebte noch das An-
denken an Editha, Ludolf's Mutter; er hatte Ludolf innig geliebt und
war am tiefsten verwundet. Er verzieh beiden als seinen Söhnen, aber
nicht als Herzogen; Ludolf und Conrad behielten ihr persönliches Ver-
mögen, allein jener verlor das Herzogthum Schwaben, wie dieser das
Herzogthum Lothringen. Ersteres bekam Burkhard, der Schwiegersohn
Heinrichs von Bayern, letzteres verwaltete fortwährend der Erzbischof
Bruno.
2. Nachdem die Stadt Regensburg sich im Frühlinge 955 dem
königlichen Heere übergeben hatte und die noch übrigen Aufrührer in
Bayern in einem Treffen besiegt waren, war die Ruhe im Innern des
Reichs vollkommen wieder hergestcllt und Otto war im Begriffe, gegen
die Slaven an der Elbe sein Schwert zu ziehen, welche sich empört
hatten, als er die Nachricht erhielt, daß cme viel größere Gefahr im
Anzuge sei, daß nämlich die schrecklichen Ungarn schon ganz Bayern
überschwemmt hätten und bis tief in Schwaben vorgedrungen seien.
Sie kamen diesmal in so großer Menge, daß sie sich rühmten, ihre
Rosse sollten die Flüsse und Seen austrinken, und mit ihren Hufen die
Städte zertrümmern, und wenn nicht die Erde sie verschlinge oder der
Himmel sie bedecke, so könnten sie nicht überwunden werden. Sie ka-
men, indem sie entsetzliche Greuel verübten, bis an den Lech und bela-
gerten Augsburg. Hier zeigte der fromme Bischof Ulrich einen bewun-
derungswürdigen Muth. Die Stadt war schlecht befestigt; dennoch be-
schloß er, sie auf's äußerste zu vertheidigen. Air der Spitze seiner Rit-
ter machte er einen Ausfall, es entbrannte der hitzigste Kampf. Ulrich
im bischöflichen Ornate ritt mitten durch das Schlachtgetümmel, die
Seinigen ermunternd, und obschon er ohne Helm und Panzer war,
und ein Hagel von Pfeilen und Steinen ihn umsauste, so blieb er doch
unverletzt. Seine Krieger kämpften mit nie gesehener Tapferkeit, viele
der Ungarn wurden niedergehauen, unter ihnen ein vornehmer Anfüh-
rer, nach dessen Falle die Ungarn sich in's Lager zurückzogen. Am
folgenden Tage in aller Frühe griffen die Ungarn von allen Seiten
die Stadt an; aber der Bischof stand mit seinen Kriegern auf den
Mauern und ehe es zum Sturme kam, zogen die Feinde sich in ihr
Lager und dann auf das rechte Ufer des Lechfluffes zurück; denn ihr
Anführer hatte durch einen Verräther die Nachricht erhalten, daß der
König Otto mit einem großen Heere heranziehe.
3. Otto war nämlich aus Bayern, als er dort den Feind nicht
fand, an den Lech gezogen; auf dem Zuge waren die Hecrschaaren der
Bayern und Schwaben sowie auch ein Theil der Franken zu ihm ge-
stoßen; nur die Franken vom jenseitigen Rheinufer fehlten noch. End-
lich erschienen sie und an ihrer Spitze Conrad, der frühere Herzog von
Lothringen. Seine Ankunft hob den Muth der Kriegsleute, sie for-
derten mit glühender Begeisterung, in die Schlacht geführt zu werden;
denn Conrad war ein kühner Krieger und, was bei der Kühnheit sel-
ten ist, ein besonnener Feldherr; er mochte zu Fuße oder zu Pferde an-
grerfen, so war ibm nicht zu widerstehen; deshalb war auch Niemand
beliebter beim Heere, als er. Nach Cenrad's Ankunft ließ der König
einen Fast- und Bußtag verkünden, um Gottes Beistand anzuflehen,
und gebot, sich zur Schlacht zu rüsten. Es war der 10. August, das