1862 -
Soest
: Nasse
- Autor: Giefers, Wilhelm Engelbert
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
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Otto Il
ter Mathilde besuchte und die Huldigung seiner Völker empfing; denn cs
erschienen dort die Herrscher der Böhmen und Polen, sowie die Gesandten
der Griechen, Römer, Bulgaren, Dänen, Slaven und Ungarn. Bald dar-
auf ftarb er (am 7. Mai 973) im 37. Jahre seiner Negierung an einem
Schlagflusse zu Memleben, wo auch sein Vater gestorben war. Seinem
Willen gemäß wurde er zu Magdeburg, seinem Lieblingsorte, in der Kirche
des heiligen Mauritius begraben. Die Inschrift auf seinem Grabsteine
nennt ihn eine Zierde der Kirche und den Stolz des Vaterlandes, und die
Geschichte hat ihm nicht mit Unrecht den Beinamen „der Große" gegeben;
denn er hinterließ das Reich, welches er bedeutend vermehrt hatte, im blü-
hendsten Zustande. Das Erzbisthum Hamburg breitete nach dem skandina-
vischen Norden, das Erzbisthum Magdeburg nach dem slavischen Osten das
Christenthum und christliche Bildung aus. In den schon mehr dem Chri-
stenthum gewonnenen Ländern war die Kirche überall befestigt, beschützt,
beschenkt. Böhmen war ein deutsches Herzogthum, Lothringen mit Deutsch-
land vereinigt, Polen und Dänemark huldigten wenigstens dem Namen
nach dem deutschen Könige; die Ungarn waren für immer vom deutschen
Boden verjagt. Im Innern war die kaiserliche Macht fest begründet; denn
die wichtigsten Herzogthümer waren mit Verwandten, die Markgrafschaften
mit treuen Anhängern des königlichen Hauses besetzt, und durch die von
Otto eingesetzten Pfalzgrafen (s. oben S. 133) wurden die Herzoge über-
wacht und ihre Macht eingeschränkt, und durch den angestrengtesten Kampf
eines ganzen Lebens und durch die Siege eines unerschütterlichen Helden-
mutes waren Friede, Ruhe und Sicherheit im Innern des Landes ge-
wonnen, so daß die Bürger in den Städten, deren Zahl sich bedeutend ver-
mehrt hatte, sicher wohnen und ungestört arbeiten konnten. Endlich waren
in eben dieser Zeit die reichen Silberbergwerke am Harze entdeckt, welche
bald so reiche Ausbeute lieferten, daß Wohlstand, Verkehr und Gewerbe
dadurch in Deutschland nicht wenig gehoben wurden.
7. Drei Tugenden waren es namentlich, welche den großen Herrscher
auszeichneten, wahre Frömmigkeit, heldenmüthige Tapferkeit und eine un-
beugsame Willensstärke und Standhaftigkeit; außerdem rühmte man seine
(Aerechtigkeit, Großmuth und Besonnenheit. Otto war freundlich und leut-
selig, aber seine königliche Haltung gebot Scheu und Ehrfurcht. Daß er
ein ebenso großer Held war, als Regent, dürfte der Umstand beweisen,
daß in seinem Dienste und in seiner Nähe so viele tapfere und bedeutende
Männer lebten, wie Gero, Hermann Billung, Conrad von Franken u. A.
Sein Ruhm drang durch alle Länder Europas, und nicht wenige fremde
Fürsten bewarben sich um seine Gunst. Obgleich es ihm während seiner
Regierung nur höchst selten auf kurze Zeit vergönnt war, die Waffen ruhen
zu lassen, indem er bald gegen äußere Feinde, bald gegen Empörer im In-
nern das Schwert ziehen mußte; so widmete er doch auch den Werken des
Friedens und der Wohlfahrt seiner Völker die eifrigste Fürsorge, beförderte
Handel und Verkehr, verschönerte Städte und hielt überall die öffentliche
Ordnung und das Ansehen der Gesetze aufrecht, so wie er Künste und
Wissenschaften auf jegliche Weise unterstützte.
8. 58. 3. Kaiser Otto Ii. 973—983.
1. Otto Ii. zählte erst 18 Jahre, als er die Regierung so ausgedehn-
ter Staaten übernahm. Sein und seiner Nachfolger Hauptstreben ging da-
bin, die Herrschaft in Italien zu erweitern, während die Befestigung der
königlichen Macht in Deutschland außer acht gelassen wurde, so daß die