1862 -
Soest
: Nasse
- Autor: Giefers, Wilhelm Engelbert
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
214 Friedrich's I. Kampf mit Heinrich dein Löwen.
9. Am 1. August schloß Friedrich mit dem Papste einen Vergleich
ab, nach welchem er Alexander Hl. als Papst anerkannte und den Lom-
barden einen sechsjährigen Waffenstillstand bewilligte. Aber wahrend
der sechs Jahre sollte an einem dauerhaften Frieden ernstlich gearbeitet
werden. Dieser Vergleich war für den Kaiser vorteilhafter, als für
den Papst, da jenem auch die Nutznießung der Mathildischen Güter auf
noch fünfzehn Jahre überlassen wurde. Friedrich's Aussöhnung mit
dem Papste war aufrichtig und dauerhaft, der kaiserlichen Majestät hatte
er nichts vergeben. Bald nachher kehrte der Kaiser durch Burgund
nach Deutschland zurück, wo er den alten Kampf seines Hauses, den er
bisher vermieden hatte, nämlich den Kampf gegen die Welfen wieder
erneuerte.
§. 75, Friedrich's Kämpfe mit Heinrich dem Löwen, seine Aussöhnung mit den
Lombarden, sein Kreuzzug und Tod.
1. Nach Deutschland zurückgekehrt, ließ Kaiser Friedrich den Lö-
wen sofort (1191) seines Ungehorsams wegen auf einen Reichstag nach
Worms laden; aber dieser mochte sich seinen Gegnern nicht freiwillig
in die Hände liefern und erschien weder zu Worms, noch zu Magde-
burg und Goslar, wohin er darauf geladen wurde. Sobald die Fürsten,
eifersüchtig auf Heinrich's Macht und erbittert über sein herrfchsüchti-
ges Wesen, des Kaisers veränderte Gesinnung gegen den Welfen erkann-
ten, brachten sie eine Menge von Beschwerden gegen ihn vor und so
wurde derselbe auf dem Reichstage zu Würzburg (1180) als ein unge-
horsamer Vasall mit der Reichsacht belegt und aller seiner Lehen ver-
lustig erklärt. Und sofort griffen seine erbitterten Nachbaren und Geg-
ner, denen Theile des zerstückelten Herzogthums Sachsen zugesprochen
waren, zu den Waffen; allein der alte Löwe wehrte sich tapfer, fiel über
die kaiserliche Reichsstadt Goslar her, besiegte auch das Heer des Erz-
bischofs von Cöln, eroberte Halberstadt, steckte mehrere Städte, u. a.
Mühlhausen und Nordhausen in Brand, nahm den Bischof von Halber-
stadt und den Landgrafen von Thüringen gefangen, und kehrte mit rei-
cher Beute beladen nach Brauuschweig zurück. Da rückte der Kaiser
selbst mit einem großen Heere in Sachsen ein (1180) und eroberte in
wenigen Tagen die meisten festen Schlösser. Im folgenden Jahre er
neuerte Friedrich den Kampf und trieb den stolzen Herzog so sehr in
die Enge, daß er sich endlich, nachdem er von allen seinen Vasallen
verlassen war, genöthigt sah, um Gnade zu bitten.
Auf dem Reichstage zu Erfurt (Nov. 1181) umfaßte Heinrich
die Kniee des Kaisers und flehte um Gnade; dieser sprach bis zu Thrä-
nen gerührt: „Und dennoch bist du selbst das Werkzeug deines Un-
glücks!" gab ihm aber seine Herzogthümer nicht zurück, sondern ließ
ihm nur sein väterliches Erbe Braunschweig und Lüneburg. Zugleich
mußte Heinrich auf drei Jahre das Reich meiden. Die Zeit seiner
Verbannung brachte er bei dem Könige Heinrich Ii. von England, dem
Vater seiner Gemahlin Mathilde zu, wo sein dritter Sohn Wilhelm,
der Stammvater des noch jetzt in England, Hannover und Braunschweig
blühenden Herrscherhauses, geboren wurde. Mit dem Sturze Heinrich's
des Löwen, dessen Folgen sich bis auf die Gegenwart erstrecken, beginnt die
gänzliche Auflösung der alten Nationalherzogthümer und damit zugleich
die Vielherrschaft im deutschen Wahlreiche. Heinrich der Löwe ist als