1862 -
Soest
: Nasse
- Autor: Giefers, Wilhelm Engelbert
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
Da§ doitcti zu Coustanz.
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Kirche an Haupt und Gliedern. Man machte den Anfang mit dem
ersten Puñete. Nach dem Tode des Papstes Bonisacins Ix. (s. oben
S. 258) war in Rom Jnnocen; Vii. und darauf Gregor Xu. auf den
päpstlichen Stuhl erhoben, während in Avignon nach dem Absterben
von Clemens Vii. als Nachfolger Benedict Xl!l. gewählt war. Zwar
hatte die Kirchenversammlung zu Pisa (1409) beide Päpste, die einge-
laden, aber nicht erschienen waren, abgesetzt, und einen neuen Papst,
Alexander V. gewählt, welchem (1410) Johann Xxul. gefolgt war; aber
weder Gregor Xu., noch Benedict Xlll. hatte dem Beschlüsse des Con-
cils Folge geleistet; beide betrachteten sich noch als rechtmäßige Päpste,
schleuderten Bannflüche gegen einander und suchten Einer dem Andern
die christlichen Fürsten und Völker durch Gewalt oder List zu entfrem-
den. Dadurch sank das päpstliche Ansehen immer mehr, und ein Miß-
brauch nach dem andern erhob sich. Dazu kam noch, daß Johann Xxiii.
einen ausschweifenden, verworfenen Charakter hatte und zu den unwür-
digsten Männern gehörte, die jemals den Stuhl Petri bestiegen haben.
4. Daher neigten sich gleich anfangs die versammelten Väter des
Concils zu der Ansicht hin, daß alle drei Päpste, der anwesende Jo-
hann Xxiii. zuerst, abdanken müßten und darauf ein neuer zu wählen
sei. > Nach vielem Zureden und geängstigt durch eine heftige Anklage-
schrift, verstand sich endlich Johann dazu und erklärte eidlich, daß er
bereit sei, die päpstliche Würde nieder zu legen, wenn die beiden andern
Päpste dasselbe thäten; aber bald bereuete er seine Nachgiebigkeit und
floh (März 1415) als Courrier verkleidet, während eines Turniers mit
Hülfe des Herzogs Friedrich von Oesterreich nach Schaffhausen, einer
damals österreichischen Stadt, wohin ihm viele Cardinäle und Bischöfe
folgten. Als man nun in der allgemeinen Bestürzung, welche Johann's
Flucht verursachte, eine Auslösung der Versammlung befürchtete, zeigte
Sigismund die größte Entschlossenheit und verbürgte sich für die unge-
störte Fortsetzung der Verhandlungen. Nach einer kraftvollen Rede Jo-
hann Gerson's, des Canzlers der Universität Paris, in welcher dieser
wiederholt den Grundsatz ausführte, daß das Concil über dem Papste
stehe, wurde in der vierten und fünften allgemeinen Sitzung dieser be-
rühmte Satz öffentlich ausgesprochen und zugleich Johann Xxul. förm-
lich abgesetzt. Er unterwarf sich diesem Ausspruche, nachdem er gefan-
gen genommen war, und wurde drei Jahre hindurch aus dem Schlosse
zu Heidelberg im Gewahrsam gehalten; sein Helfer, Friedrich von
Oesterreich, wurde von Sigismund mit der Reichsacht belegt und seiner
Länder beraubt.
Um die schweizer Eidgenossen zum Kriege gegen Oesterreich aufznmnntcrn, ver-
sprach Sigismund ihnen den ewigen Lehnbesitz aller Länder, welche sie demherzoge entreißen
würden. Außerdem befreiete er die vier Waldstädte sowie Zug und Glarus von allen
Verpflichtungen gegen Oesterreich und eignete ihnen Alles zu, was sie von Oesterreich
Pfandweise inne hatten. Sofort griffen die Eidgenoffen zu den Waffen und fielen
über die österreichischen Stammlande her. Bern nahm den Aargau ein, das Stamm-
schloß Habsbnrg wurde zerstört, Lucern eroberte Sursce und einige andere Orte, Zü-
rich nahm Mellingen^ und Bremgarten in Besitz. Die österreichischen Städte in
Schwaben, Schaffhausen, Breisach, Radolfzell und andere lausten sich an das Reich,
indem sie die Summen zahlten, für welche sie an Oesterreich verpfändet waren. Erst
im I. 1418 erhielt Friedrich in Folge eines Vertrages mit Sigismund, weichem er
70,000 Gulden zahlen mußte, seine übrigen Länder zurück, mußte dagegen allem dem,
was die Eidgenossen eingenommen hatten* und was an das Reich gebracht war, aus
ewige Zeiten entsagen.