1862 -
Soest
: Nasse
- Autor: Giefers, Wilhelm Engelbert
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
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Leopold's zweiter Krieg gegen Frankreich.
desselben anzugreifen. Als er am 11. Sept. 1697 Nachmittags in der
Gegend von Zenta ankam, war der Sultan schon mit dem größten
Theile des schweren türkischen Geschützes nebst dem Gcpäcke aus die linke
Seite des Flusses hinübergegangen, die Reiterei zog eben in dichten Zü-
gen über die Brücke, aber das Fußvolk war noch diesseits und hier
durch zwei im Halbkreis aufgeworfene Wälle gedeckt. In diesem gün-
stigen Augenblicke befahl Eugen seinen Truppen den Angriff, und um
vier Uhr drang die nun geordnete Schlachtlinie der Kaiserlichen gegen
die türkischen Verschanzungen vor, während die Geschütze von beiden
Flügeln her besonders auf die Brücke gerichtet wurden, über welche sich
setzt Fußvolk und Reiterei in wilder Verwirrung drängten. Die Kai-
serlichen brachen jetzt mit Ungestüm in die türkischen Verschanzungen
ein und, von allen Seiten bedrängt, theils abgeschnitten, stürzten sich
die erschreckten Schaaren der Türken angstvoll in die Fluthen der Theiß.
Das Gemetzel dauerte, bis die Dunkelheit dem Kampfe ein Ende machte;
25,000 Türken hatten den Tod gefunden. „Es war", sagte Eugen in seinem
Berichte an den Kaiser, „als oll die Sonne zögerte unterzugehen, um den
Triumph der kaiserlichen Waffen zu sehen und mit ihren Strahlen
Heller zu beleuchten." Der Sultan sah vom jenseitigen Ufer die Flucht
und das Verderben der Seinen, und floh voll Schrecken und Verzweif-
lung nach Temeswar. Am folgenden Morgen zogen die kaiserlichen
Truppen über den Fluß in das von den Türken verlassene Lager, wo
sie das ganze Geschütz und Gepäck, auf 9000 Wagen und 60,000 Ca-
meele geladen, erbeuteten. Der Großvezier und viele andere Paschas
und vornehme Türken waren gefallen.
13. Dieser glorreiche Sieg nöthigte den Fürsten von Siebenbür-
gen, da jede Hoffnung auf Unterstützung von Seiten der Türken nun-
mehr für immer verschwunden schien, im Jahre 1699 seine Würde dem
Kaiser zu übergeben. So wurde Siebenbürgen, nachdem es seit Jo-
hann Zapolya unabhängige Regenten gehabt, wieder mit Ungarn ver-
einigt. Auch der Sultan sah sich durch den unglücklichen Feldzug des
I. 1697 genöthigt, Friedensnnterhandlungen zu eröffnen, welche am
26. Jan. 1699 den Carlowitzer Frieden' herbeiführten. Der Kaiser
blieb im Besitze der von seinen Feldherren eroberten Lander und Pro-
vinzen. Dazu gehörten vor allen die Städte Ofen, Pesth und Stuhl-
weißenburg nebst fünfzehn ungarischen Comitaten, sowie die Provinzen
Slavonien und Sirmien. So glänzend ging der Kaiser aus einem
Kampfe hervor, der so verderblich und gefahrdrohend für ihn begonnen
hatte, und wenn Oesterreich auch zu derselben Zeit am Rheine den
Franzosen gegenüber im Nachtheile blieb; so hatte es doch die Herrschaft
über die rebellischen Ungarn befestigt, die Macht des Erbfeindes der
Christenheit an der Donau gebrochen, dessen Siegeslauf für immer ge-
hemmt und ihm die Hauptstädte und Gebiete Niederungarns, welche
die Türken seit dem Zuge Soliman's Ii. gegen Wien, länger als hun-
dert und fünfzig Jahre, besessen hatten, durch ruhmwürdige Anstrengung
entrissen und das Uebergewicht derselben im Osten vernichtet.
§. 141. Leopold's zweiter Krieg gegen Frankreich, 1688—1697.
1., Ws am 6. Sept. 1688 die türkische Hauptfestung Belgrad von
den Kaiserlichen erstürmt war, glaubte man in Wien, die Zeit sei ge-
kommen, die zweihundertjährige Schmach der Christenheit zu rächen und