1862 -
Soest
: Nasse
- Autor: Giefers, Wilhelm Engelbert
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
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Stiftung des Fürstcnbundes und Friedrich'» Ii. Tod.
§. 175. Stiftung des Fürstenbundes und Friedrichs Ii. Tod.
1. Joseph Ii. hatte seinen Lieblingsplan, Bayern mit Oesterreich
zu vereinigen, nicht aufgegeben und der Chursürst Carl Theodor, der
Bayern weniger, als seine schöne Pfalz am Rheine lieble, zeigte sich
sehr bereitwillig, Bayern gegen die österreichischen Niederlande mit
Ausnahme von Luxemburg und Namur zu vertauschen. Frankreich
hatte anfangs gegen den Tausch nichts einzuwenden, und Rußland,
welches der Unterstützung des Kaisers Joseph zitr Verwirklichung seiner
Plane gegeit die Türkei bedurfte, begünstigte sogar das Zustandebrin-
gen desselben. Allein der Herzog Carl von Zweibrücken, der muth-
maßliche Erbe Carl Theodor's, mißbilligte den Tausch, wandte sich,
wie im Jahre 1778, an den König Friedrich Ii. von Preußen, und bat
dringend um dessen Beistand. Auch den französischen Hof ersuchte Carl
um nachdrückliche Verwendung, damit der beabsichtigte Tausch verhin-
dert werde. Joseph H. sah nun ein, daß er den Plan aufgeben müsse,
und gab ihn auch ans.
2. Friedrich ll. von Preußen aber hatte sich schon früher mit
dem Gedanken beschäftigt, einen Bund der meisten Reichsstände zu
Stande zu bringen, durch welchen den Vergrößcrungsplanen des Kai-
sers für immer ein fester Damm sollte entgegen gesetzt werden. Durch
das Tauschproseet gedieh der Entschluß und Plan zu einer solchen Ver-
bindung zur Reife, und obschon der Kaiser sich alle Mühe gab, das
Zustandekommen des Bundes zu verhindern, und obschon die Kaiserin
von Rußland erklärte, „sie sehe in den fetzigen Umständen keinen Grund,
welcher eine neue Verbindung zur Erhaltung deutscher Freiheit und
Verfassung uöthig machen könnte, sei vielmehr besorgt, daß durch die-
selbe Mißtrauen und Uneinigkeit erregt würde;" so schlossen doch Preu-
ßen, Chursachsen und Hannover am 23. Juli 1783 unter unmittelbarer
Leitung Fricdrich's ll. einen Vertrag, der in der Geschichte unter dem
Namen „^mitenbitub" bekannt ist, und gemeinsame Mitwirkung für
die Erhaltung der Reichsversassung sowie der Besitzungen und Gerecht-
same aller Reichsstände zum Zwecke hatte. Da in dem Vertrage fest-
gesetzt war, daß jeder Staat, ohne Unterschied der .Religion, zum Bei-
tritte solle eiugeladeu werden, so traten dem Fürstenbunde binnen Kur-
zem bei der Markgraf von Baden, die anhaltischen Fürsten, Hessen-
Cassel, Anspach, Sachsen-Gotha und Sachsen-Weimar, Mecklenburg,
Braunschweig und sogar der Churfürst und Erzbischof von Mainz.
Vom kaiserlichen Hofe wurde der ganze Fürste, bund als eine aus un-
gegründeten Ursachen hervorgegangene, reichsvelfassungswidrige Ver-
bindung gegen den Kaiser bezeichnet; für Preußen war es jedoch nicht
schwer darznthun, daß das bayerische Tauschproject genügsamen Anlaß
zu den gehegten Besorgnissen gegeben, und daß der geschlossene Verci-
nigungstractat, welcher auf nichts anderes als auf die Erhaltung des
Neichssystemes abziele, also weder gegen den Kaiser, noch das Reich,
noch gegen einen Neichsstand gerichtet sei, den Rechten und der Würde
Ihrer Kaiserlichen Majestät gar nicht zu nahe trete, und den Wiener-
Hof weder beleidigen noch beunruhigen könne.
3. Die Stiftung des Fürstenbundes war die letzte politische That,
welche Friedrich ll. vollbrachte. Am 17. April 1786 begab er sich nach
seinem Lieblingsaufenthalte, dem Schlosse Sanssouci bei Potsdam, zu
welchem er selbst beu Entwurf gemacht batte. Hier brachte er die
letzten sechs Monate seines Lebens, an der Wassersucht leidend, im Lehn-