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1. Die deutsche Geschichte für Schule und Haus - S. 526

1862 - Soest : Nasse
526 Joseph's Ii. Ende. Auch wollte der Kaiser in Ungarn die neue Steuerordnung einführcn, und die dem Adel zuständigen Besitzungen mit denen aller andern Ein- wohner gleichstellen. Aber der Adel erhob Klagen und Gegenvorstel- lungen aller Art, und die Unzufriedenheit der Ungarn über die ver- fassungswidrigen, ihre Nationalität verletzenden Neuerungen des Kai- sers stieg immer höher. Der Türkenirieg, dessen Schauplatz Ungarn war, mehrte den Mißmuth der Ungarn nicht weniger, als Anregungen von außen ; denn Preußen stellte sich immer drohender an den Grenzen von Schlesien auf und schien den Ungarn, wie den Türken Hülfe brin- gen zu wollen. 0. Um dem in Ungarn auf den höchsten Grad gestiegenen Miß- vergnügen zu steuern, sah Joseph, durch den Aufruhr in den Nieder- landen schwer getroffen, zum Widerruf aller seiner Verordnungen in Ungarn sich genöthigt, und sowohl die Verwaltung als auch die Rechts- pflege wieder auf den alten Fuß zu stellen. Daher erließ Joseph am 28. Jan. 1790 ein Patent, durch welches alle seit seinem Regierungs- antritte erlassenen Verordnungen für dieses Königreich außer Kraft ge- setzt, die wegen Einführung der neuen Steuer getroffenen Veranstal- tungen aufgehoben und die Abhaltung des Reichstags, der seit längerer Zeit nicht mehr gehalten worden war, verheißen wurde; nur das Dul- dungsgesetz und die Aufhebung der Leibeigenschaft blieben bestehen. Die Reichskrone, welche der Kaiser nach Wien hatte bringen lassen, ohne sich jemals der Krönung unterzogen zu haben, wurde zurückgegeben und im Triumphe nach Ofen geführt. Auch den Tyrolern, deren eigen- thümliche Verfassung der Kaiser verändert und die er besonders durch Einführung der Conscription erbittert hatte, gab er kurz vor seinem Tode ihre alten Freiheiten zurück. Unter den schmerzlichen Gefühlen, mit denen diese Entschließungen gefaßt wor- den waren, hielt der tiefgebeugte Kaiser alle Ergebnisse seiner Anstrengungen für ver- loren und äußerte kurz vor seinem Tode, man solle ihm die Grabschrift setzen: „Hier ruht ein Fürst, dessen Abst.hten rein waren, der aber das Unglück hatte, alle seine Entwürfe scheitern zu sehen." Daraus haben Viele geschlossen, Joseph sei mit dem schmerzlichen Bewußtsein geschieden, sein eigenes Werk zerstört zu haben, nachdem er vor seinem Ende feierlich zurückgenommen, wofür er gelebt und sein Leben geopfert habe. Doch nahm er eigentlich nur die Verordnungen zurück, welche die Niederlande und Ungarn betrafen; für die Länder, welche den Kern her Monarchie bilden, haben die Gesetzbücher und Verwaltuugsformen Joseph's ihre Geltung bis in die neuere Zeit hinein behalten. 7. Die Beschwerden des Feldzuges von 1788, in deren Ertragung der Kaiser den gemeinen Kriegern es gleich that, der Aufenthalt in dem ungesunden Lager bei Semlin hatten seine Gesundheit stark erschüt- tert; am 5. Dec. 1788 kam er bedeutend krank nach Wien zurück. Schon im April 1769 hatte seine Krankheit einen bedenklichen Charak- ter angenommen, daß er, um ein erbauliches Beispiel zu geben, in der Burgcapelle, in Gege. wart des Cardinal-Erzbischofs, des päpstlichen Nuntius und einer zahlreichen Versammlung das h. Abendmahl sich reichen ließ. Sein Befinden besserte sich bald nachher und im Sommer 1789 erfreute er sich einer scheinbaren Genesung. Aber im Winter kehrte das Nebel mit doppelter Kraft zurück und im Februar 1790 sah man sein Ende mit Bestimmtheit herannahen, welchem er mit großer Ruhe, und, trotz seiner körpernchen Leiden, mit unermüdeter Thätigkeit entge- gen ging. Am 13. und 15. Febr. 1790 ließ er sich die h. Sterbesakra- mente reichen. Sein Beichtvater, ein Augustiner-Barfüßer, mußte ihm
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