1849 -
Halberstadt
: Frantz
- Autor: Günther, Friedrich Joachim
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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schenmenge Gelegenheit zum Zusammenbleiben, als das Herumziehen
der Nomaden; aber sie veränderten auch Lebensweise und Sitten
gänzlich. Hatte man sich einmal an einem Orte häuslich nieder-
gelassen, wollte man nicht mehr, wenn eine Strecke abgeweidet war,
weiterziehen, so mußte man Theils den Boden bebauen, Ackerbau
treiben, Theils sich auf einen Kampf mit der Natur einlassen.
Wenn der Nomade beim Eintreten des Winters aus nördlichen Ge-
genden in südliche, oder bei Überschwemmungen auf die Berge
zog, so mußte man auf festen Wohnplätzen durch festere Wohnun-
gen, durch wärmere Kleidung sich gegen den Winter schützen, mußte
Flüsse in ihrem Laufe leiten, an ihren Ufern mit Dämmen versehen
oder durch Kanäle die Fluten ableiten, musste das Bebauen des
Feldes nach dem Wechsel der Jahreszeiten einrichten, und lernte
daher nicht bloß eine Menge Handwerke und Künste, sondern, weil
man gewisse häusliche und ländliche Geschäfte an die Jahreszeiten
knüpfen und das Eintreten dieser an dem Erscheinen und Verschwin-
den gewisser Sternbilder vorher merken mußte, man beobachtete
auch den Lauf der Gestirne und theilte schon früh die Zeit danach
in Wochen, Monate, Jahre ein. Wenn ferner der Nomade bei ent-
standenem Streite seinem Gegner auswich oder gegen ihn das
Schwert gebrauchte, so durften diejenigen, welche an einen festen
Wohnplatz sich gebunden hatten, sich nicht gegenseitig verlassen oder-
gar vernichten, weil man einander zur Arbeit im Kampfe gegen
die Natur und zur Abwehr feindlicher Stämme gebrauchte. Die
gemeinschaftliche Arbeit auf der einen Seite, also z. B. bei Anle-
gung von Brücken, Kanälen, Verbindungsstraßen u. s. w., dann
aber wieder die Arbeit für die eigene Erhaltung auf einem eigenen
Besitzthume, also das hiemit nothwendig entstehende Mein und
Dein, brachte vielerlei Verwickelungen hervor, die man nach einer
bestimmten Regel schlichten mußte. Diese Regeln waren die An-
fänge der Gesetze; Gesetzgeber und Richter wurden diejenigen, wel-
che vermöge ihrer Weisheit solche Regeln aufzusinden und für die
Nachkommen aufzustellen vermochten. So entstanden Städte und
Staaten. Allein die tägliche Zerstreuung des Geistes durch Arbeit,
durch den geselligen Verkehr mit Andern, die vielfache Gebundenheit
durch Gesetze, die Lust an der Übertretung, die Verfeinerung der