1849 -
Halberstadt
: Frantz
- Autor: Günther, Friedrich Joachim
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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herrschten nicht mit solcher Willkür und Härte wie die asiatischen
Despoten; ja manche Städte und Stämme hatten gar keinen ein-
zelnen Herrn, sondern besorgten gemeinschaftlich die allgemeinen
Angelegenheiten. So kannte man nicht die Vielweiberei, die über-
haupt den Europäern verhaßt war, und damit nahmen die Frauen
eine höhere Stellung ein, als in Asien, und konnte das Familienle-
den besser gepflegt werden. So verschwanden bald die Nomaden-
stämme, man trieb früh den Ackerbau, gründete Städte und richtete
ein ordentliches Staatsleben ein. Endlich waren auch die Priester
nicht mehr die alleinigen Inhaber aller höheren Bildung und Wis-
senschaft, sondern jeder freie Mann hielt es für Ehre und Pflicht,
so viel zu lernen als möglich.
Wir haben bisher Asien bis zu dem Punkte seiner Geschichte
betrachtet, wo der größte Theil der damals bekannten Völker unter
dem Einen Scepter des Cyrus vereinigt war. Ein so großes Reich
muß entweder sich in seinem Innern auszubilden streben, oder muß
größer zu werden suchen. Zu Jenem waren die Völker noch auf
einer zu tiefen Bildungsstufe, die Herrschaft zu despotisch; darum
griff man zum Zweiten. Der Angriff ging auf Europa zu und
zunächst auf Griechenland. Ehe wir aber dies von den Nachfolgern
des Cyrus begonnene Unternehmen erzählen, müssen wir erst ein
paar Jahrhunderte zurückgreifen und aus dem Leben Eines Mannes
die Beschaffenheit eines der griechischen Hauptstämme kennen lernen.
Griechenland begünstigte schon durch seine Bodenbeschaffenheit und
durch sein Klima die geistige Entwickelung seiner Einwohner:
die schönsten Hochgebirge wechselnd mit den anmuthigsten Thälern,
auf dem Festlande grüne Matten und schöne Wälder, auf den un-
zähligen Inseln reiche Reben - und Feigengärten, eine Fruchtbarkeit
wie sie selten gefunden wird, und über dem Allen ein fast immer
heiterer Himmel und überall die reinste, mildeste Luft. Aus zwei
Hauptstämmen mischten sich die Ureinwohner, aus solchen, die ruhig
in ihren Sitzen einem sinnigen Naturleben bei Ackerbau und Vieh-
zucht zugewandt waren, und aus solchen, die, wild und voll Un-
ternehmungsgeist, kühn und weithin umherschweifend, ihren Reich-
thum lieber dem Krieger - und Schifferleben verdankten. Da das
Land auf drei Seiten von Meer und Inseln umgeben ist, so lern-