1849 -
Halberstadt
: Frantz
- Autor: Günther, Friedrich Joachim
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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rathungen für die Volksversammlung vorzubereiten und bei den
Verhandlungen dieser selbst den Vorsitz. Der Rath der Vierhundert
wurde vom ganzen Volke durch das Loos gewählt; seine Mitglie-
der wurden aus den drei obersten Volksklassen genommen, mussten
sich aber nach der Wahl, wie die Archonten, erst einer Prüfung
unterwerfen, ob sie die erforderlichen Eigenschaften zu ihrem Amte
besäßen. Jedes Mitglied des Raths mußte 30 Jahre alt seyn.
Die Archonten mussten fast in allen Fällen den Rath herbeiziehen
und sich in seine Meinung fügen; ja der Rath konnte in gewissen
Angelegenheiten ohne das Volk Beschlüsse fassen, die dann auf Ein
Jahr Gültigkeit hatten.
Außerdem gab es eine oberste Gerichts - und Polizeibehörde,
den Areopag. Dieser bestand nur aus Männern, welche Archonten
gewesen waren. Er hatte die Gerichtspflege über vorsätzlichen Mord,
über Brandstiftung, über Tempelraub, falsches Zeugniß, Betrug,
Frevel an den heiligen Olbäumen und über Vergehungen gegen
die Religion, namentlich über die Ausbreitung neuer Lehren. Die
Jugend war seiner besondern Aufsicht unterworfen, ebenso die Er-
werbsmittel und was damit zusammenhängt, richtiges Maß und
Gewicht, Straßenpolizei u. s. w. Nun gab es aber noch Volks-
gerichte, an denen jeder Bürger Theil nehmen durfte. Es waren
Ausschüsse aus der Volksversammlung zur Handhabung der Gerech-
tigkeit. Ein solches Gericht bestand aus 500 Richtern; aber es
konnten deren mehrere vereinigt werden, bis auf 6000, denn so
viele Richter waren in Athen. Sie hatten über alle Angelegenhei-
ten Recht zu sprechen, für welche nicht schon ein anderer bestimmter
Richter bestellt war.
Dies sind die Grundzüge der Gesetzgebung des Solon. Er
hatte Athen zu einer wohlgeordneten Republik, in welcher zwar
das ganze Volk herrscht, den meisten Einfluß aber die Wohlhaben-
den und Gebildeten haben, gemacht. Die Einrichtungen waren
nirgends drückend, beengend, sondern überall nur nöthige Schranken;
sie erstatteten jedem Bürger, sich in seiner Stellung frei zu entwik-
keln, und darum blüheten bald alle Gewerbe, Künste und Wissen-
schaften, während in Sparta nur Herrscher und Krieger erzogen
wurden. Freilich blieb nicht Alles gleich so, wie es Solon, mit