1849 -
Halberstadt
: Frantz
- Autor: Günther, Friedrich Joachim
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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Ziska vertheidigte es mit Kunst und Tapferkeit. Man schloß Frie-
den, den Hussiten wurde Freiheit des Predigens und der Gebrauch
des Kelches bewilligt, ihren Geistlichen alle weltliche Herrschaft
und Reichthum verboten und eine Aufforderung an alle Christen
gestattet, Laster und Sünde auszurotten. Nun ließen die Böhmen
Sigismund in die Stadt und krönten ihn zum böhmischen Könige
(1420). Allein der Frieden hatte keinen Bestand. Die Böhmen
wollten die ganze Welt bekehren, hielten sich für das dazu von
Gott auserwa'hlte Volk, nannten alle umwohnenden Völker Phili-
ster, Ammoniter, Moabiter, Kananiter, ihre Priester Baalspfaffen,
den Papst den Widerchrist, lagerten im Freien, lebten vom Raube
der Klöster und Papisten, wollten keinen König, sondern eine Re-
publik, ja manche Schwärmer unter ihnen wünschten den Natur-
zustand von Adam und Eva wiederherzustellen, liefen nackt umher
und lebten wie die Thiere. Bei aller Mäßigung der Verständigen
konnten doch solche Greuel nicht verhütet werden: das gemeine
Volk kennt keine Freiheit mit Schranken, nur Zügellosigkeit. Der
Papst hätte gern mit Einem Schlage dem Greuel ein Ende ge-
macht; auch Sigsmund wollte Böhmen gern in seine Gewalt
zurückführen. Allein die mächtigen deutschen Fürsten hatten zu ei-
nem neuen Kriege keine Lust, so lange die Böhmen in ihrem eige-
nen Lande blieben. Als nun vollends Sigismund nach Ungarn
gerufen wurde, um die von den Türken drohende Gefahr abzuweh-
ren, bekamen die Hussiten freie Hand, sielen in Österreich, dann in
Brandenburg ein, verwüsteten Alles mit Feuer und Schwert und
suchten sich überall sestzusetzen. Endlich betrieben der Papst, der
Kaiser und die Fürsten von Brandenburg, Meißen, Österreich und
Baiern eine neue Reichsrüstung. Ein großes Heer zog 1426 nach
Böhmen, ward aber geschlagen. Im folgenden Jahre ein neuer
Feldzug: beim bloßen Anblick der wilden Hussiten liefen die Deut-
schen davon, ihrer 16,666 wurden auf der Flucht erschlagen. Nun
zogen die Hussiten überall in den benachbarten Ländern (Schlesien,
Mähren, Österreich, Franken) umher, plünderten und mordeten,
sengten und brannten und wollten so die Sünde aus der Welt
schaffen. Endlich kam 1431 ein neues Reichsheer unter der An-
führung des tapfern Kurfürsten Friedrich von Brandenburg zu