1840 -
Schweidnitz
: Heege
- Autor: Jüptner, G. E.
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Stadtschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Stadtschule, Landschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Schlesien
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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In welchem der
Kaiser den Pro-
testanten in
Schlesien meh-
rere Vergünsti-
gungen versprach,
weshalb Pabst
Clemens Xi. sehr
ungehalten über
ihn ward.
Liegnitz erhält
eine Ritteraka-
demie,
und 6 andere
Städte soge-
nannte Gnadxn-
kirchen.
Am 8. Juli 1709
wird Carl xir
bei Pultawa ge-
schlagen.
1707 Kind erbeten
ser versprach darin, die im westphälisclscn Frieden bedun-
gene Religionsfreiheit ungestört zu lassen, die in den Für-
stenthümern Liegnitz, Brieg, Münsterberg irnd Ocls einge-
zogcnen oder gesperrten Kirchen, deren Zahl sich auf 128
belief, wieder zurück zu geben. Die Anzahl der Geistli-
chen und die Erbauung der Schulen bei den Friedenskir-
chen nicht zu beschränken, den Hausgottesdienst nicht zu
hindern und überhaupt alle angeführten Beschwerden zu
heben; fernerhin unter keinem Vorwände irgend eine pro-
testantische Kirche einzuziehen, die Evangelischen nicht von
Aemtern anszllschließen. Er versprach ins Künftige für
noch größere Religionsfreiheit zu sorgen und endlich dem
ganzen Vertrage die Kraft eines Gesetzes zu geben, wel-
ches durch keine widrigen Rescriptc und Befehle gebrochen
werden solle. Dafür erhielt Kaiser Joseph I. vom Pabst
Clemens H. ein sehr empfindliches Breve, worin er
ihn wegen seiner Nachgiebigkeit gegen die Lutheraner, als
einen ungehorsamen Sohn behandelte, und mit dem Banne,
ja sogar mit den Waffen bedrohete.
Bei dieser Gelegenheit erhielt Liegnitz eine hohe Schule
für adclichc Söhne, welche den Namen einer Ritteraka-
demie erhielt.
Der schwedische Gesandte verwendete sich für eine
noch größere Religionsfreiheit und Joseph ließ sich willig
finden gegen eine Geldsumme von 380,500 Gulden die
Erbauung von 6 Gnadenkirchen zu Sugun, Freistudt,
Hirschberg, Landeshut, Militfw und Tefchen
zu verstecktem — Die bald nach diesem Vergleiche einlau-
fende Nachricht von Carls Niederlage bei Pultawa am
8. Juli 1709 hatte auf das Religionsgeschäft weiter keinen
Einfluß, indem Joseph nicht so unedel dachte, einen Ver-
trag, der lediglich seinen Unterthanen zum Besten gereichte,
zurückzunehmen und dadurch ein offenbares Geständniß sei-
ner Schwäche abzulegen.
Die Anwesenheit der jchwedischen Soldaten, die ihren
Gottesdienst Regimenterweise mit großer Andacht unter
freiem Himmel verrichteten, veranlaßt^ gegen das Ende
des Jahres 1707 in Schlesien eine Schwärmen, das
Kinderbeten genannt, welche in ganz Deutschland Auf-
sehen erregte. An vielen Orten versammleten sich nämlich
große Haufen Kinder auf den öffentlichen Plätzen, schlos-
sen einen Kreis, wählten sich einen Lector und beteten und
sangen mit sehr andächtigen Geberden.
Ohngeachtet der gerühmten Duldsamkeit Josephs be-
trafen jedoch alle eingeräumten Vortheile nur die ächten
Lutheraner, die Reformirten aber blieben gänzlich davon