1852 -
Koblenz
: Bädeker
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
68 Emanzipation des Kaiserthums vom Papste.
Ludwig's Hauptgegner war der in Avignon residirende Papst
Johann Xxi!., welcher sein Bestätignngsrecht der Kaiserwahl gel-
tend machte und Unterhandlungen einleitete, um einen französischen
Prinzen auf den kaiserlichen Thron zu befördern. Als nun Ludwig
nach der Schlacht bei Mühldorf die Ghibelliuen in Italien gegen
die dem Pabste ergebenen Welfen unterstützte, sprach Johann Xxss.
in Avignon den Bann über ihn aus und verhängte das Jnterdict
über das Reich. Ludwig aber kam, von den Ghibelline»: aufgefordert,
nach Italien (1327), empfing die lombardische und von den Römern
(von Sciarra Colonna), welche behaupteten, das Krönungsrecht ge-
bühre der Stadt und nicht dem Pabste, die Kaiserkrone. Zugleich
ließ er einen Gegenpapst (Nicolaus V.) wählen. Da jedoch seine
Macht und seine Mittel nicht hinreichend waren, um sich in Italien
zu behaupten, so kehrte er uach s Friedrich's Tode (1330) nach
Deutschland zurück und machte noch viele vergebliche Versuche einer
Versöhnung mit dem Papste. Allein die Könige von Frankreich und
Neapel wußten alle Versöhnungsvorschläge zu vereiteln. Daher er-
klärten die deutschen Kurfürsten auf dem ersten Kurverein zu
Rhense 1338, sobald die Kurfürsten des Reiches einstimmig oder
der größte Theil derselben einen Kaiser oder König gewählt hätten,
sei dieser durch die bloße Wahl (also auch ohne Bestätigung des
Papstes) für den wahren König und römischen Kaiser zu halten.
Doch das gute Einverständniß des Kaisers mit den geistlichen und
weltlichen Fürsten wurde durch dessen Ländersucht bald wieder getrübt.
Nachdem er 1) die Markgrafschaft Brandenburg nach dem Aussterben
des askanischen Hauses seinem Sohne Ludwig zu Lehen gegeben, erwarb er
2) Tirol, indem er die Gräfin Margaretha Maultasch von Tirol von ihrem
Gemahl (Johann von Böhmen) schied und sie. seinem Sohne, dem Markgrafen
Ludwig von Brandenburg, vermählte und dabei die Dispensation wegen zu
naher Berwandtschaft selbst ertheilte. Auch zog er 3) die Grafschaften Hol-
land, Seeland, Friesland und Hennegau als erledigte Neichslehen ein.
Das gesetzwidrige Verfahren des Kaisers bei der Erwerbung
Tirols erbitterte viele Fürsten und besonders den Papst (Clemens
Vs.), welcher 5 Kurfürsten bewog, den Thron für erledigt zu erklä-
ren und Karl, den Sohn des Königs Johann von Böhmen, zu
wählen (1346), dem die baierische Partei nach Ludwig's Tode 1347
den Grafen Günther von Schwarzburg als Gegcnkönig eutgegen-
stellte; doch nach dessen Tode (1349) wurde Karl allgemein aner-
kannt.