1852 -
Koblenz
: Bädeker
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
I
112 Die Türken vor Wien.
neuerte Bedrückung der Protestanten veranlaßten eine Verschwörung
ungarischer Magnaten gegen die deutsche Herrschaft, welche jedoch
entdeckt und mit der Hinrichtung der (4) Häupter derselben bestraft
wurde. Die wichtigste Folge derselben war, daß der Kaiser eine Ab-
änderung mit der ungarischen Verfassung vornahm, indem er die
Würde des Palatinus aufhob und einen Deutschen zum Statthalter
ernannte. Dies rief einen neuen Aufstand hervor, an dessen Spitze
sich Graf Emmerich Tökely stellte. Zu spät suchte der Kaiser durch
Herstellung der alten Verfassung und der Religionsfreiheit die Ge-
müther zu beruhigen; Tökely wandte sich an den Sultan um Hülfe.
Dieser, zugleich vom französischen Gesandten aufgereizt, schickte den
Großvezier Kara Mustapha mit mehr als 200,000 Streitern gegen
Wien 1683. Aber Graf Rüdiger von Stahremberg vertheidigte (mit
21,000 M., theils Linientruppen, theils Bürgern) die Hauptstadt,
bis ein deutsch-polnisches Heer unter Anführung des Polen-Königs
Johann Sobiesky zum Entsätze herbeikam, das türkische Belagerungs-
heer in die Flucht schlug und so das Schicksal Oesterreichs und
Deutschlands entschied. Ungarn, wo Tökely's Anhang rasch abnahm,
wurde durch Karl von Lothringen größtentheils vom türkischen Joche
befreit und ein Reichstag zu Preßburg (1687) übertrug dem öster-
reichischen Manns-Stamme die erbliche Thronfolge. Nachdem die
Kämpfe zwischen Oesterreich und den Türken während 150 I. aus
ungarischem Boden ausgefochten worden, brachen Karl von Lothrin-
gen, Prinz Ludwig von Baden, der Kurfürst von Baiern und Prinz
Eugen von Savoyen in Bosnien und Serbien ein und setzten den
Krieg mit solchen: Glücke fort, daß man nach der Einnahme der
Hauptfestung Belgrad schon an eine Theilung der türkischen Provin-
zen gedacht haben soll. Aber Frankreichs Politik und namentlich der
3. Raubkrieg Ludwig's Xiv. verhinderte die Vertreibung der Türken
aus Europa. Doch der glänzende Sieg des Prinzen Eugen von
Savoyen bei Zentha, wo der Sultan über die Theiß gehen wollte
(1697), führte den Frieden zu Carlowitz 1699 herbei, in wel-
chem der Kaiser Siebenbürgen, welches der Großfürst (schon 1696)
an ihn, als seinen Schntzherrn, abgetreten hatte, behielt; von Un-
garn blieb den Türken nur der Theil auf den linken Ufern der
Maros und der Theiß, so daß auch das früher (vor 1526) zu Un-
garn gehörende und in diesem Kriege wiedereroberte Slavonien bei
Oesterreich blieb.