1852 -
Koblenz
: Bädeker
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Die pragmatische Sanction.
Savoyen bewährte sein Feldherrntalent von Neuem in der glänzend-
sten Weise, indem er zwei so bedeutende Siege, den einen bei Peterwar-
dein, den andern bei Belgrad erfocht, daß die Türken im Frieden (zu
Passarowitz) dem Kaiser alles Eroberte (den Banat, Theile von Ser-
vien und der Wallachei) lassen mußten. Einen so vortheilhaften Frie-
den hatte Oesterreich noch nicht mit den Türken geschlossen. So
konnte sich der Kaiser gegen Spanien wenden, und er schloß mit
Frankreich und Großbritannien, unter Voraussetzung des (später er-
folgten) Beitrittes Hollands, die sog. Quadrupelallianz zur Auf-
rechthaltung des Utrechter Friedens, dessen Bestimmungen nur dahin
abgeändert wurden, daß Savoyen für Sicilien vom Kaiser Sardi-
nien als Königreich erhielt.
2) Die pragmatische Sanction. Die Macht des Hauses
Habsburg stand damals ans ihrem Gipfel. Durch die neuen Erwer-
bungen seit dem Utrechter Frieden war Oesterreich mehr als je der
Mittelpunkt des europäischen Continents geworden, da es ans der
einen Seite an die östlichen Staaten reichte und auf der andern Ita-
lien und Belgien in eine so nahe Berührung mit dem westlichen und
südlichen Europa kam, daß es von jedem bedeutenden Ereignisse noth-
wendig mit berührt werden mußte. Karl's Hauptsorge während sei-
ner übrigen Regierungszeit war, beim Mangel an männlichen Nach-
kommen diese aus so weit von einander getrennten und aus so ver-
schiedenartigen Bestandtheilen zusammengesetzte Ländermasse auch nach
seinem Tode seinem Hause zu erhalten, da eine Untheilbarkeit nicht
gesetzlich feststand. Zu diesem Zwecke erließ er unter den: Namen
pragmatische Sanction eine Erbfolgeordnung, welche 3 Punkte
festsetzte: 1) die sämmtlichen zur österreichischen Monarchie gehörigen
Länder sollen nie getheilt werden, 2) dieselben fallen in Ermangelung
männlicher Nachkommen an Karl's Töchter und deren Nachkommen
nach dem Rechte der Erstgeburt, 3) stirbt diese Linie ans, so erben
die Töchter Joseph I. und deren Descendenten. Das Hauptziel sei-
ner Politik war, dieser pragmatischen Sanction im In- und Aus-
lande Anerkennung zu verschaffen.
Dem Beschlüsse, wodurch das deutsche Reich dieselbe anerkannte, widerspra-
chen Baicru und Sachsen. Letzteres suchte er durch seine Unlerstützung bei der
Bewerbung um die Krone Polens zu gewinnen und verwickelte sich dadurch in
einen Krieg, durch welchen er einen Theil der gegen vielsache Opfer garantirten
Länder verlor.