1854 -
Leipzig
: Hirschfeld
- Autor: Stichart, Franz Otto
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
Otto der Reiche.
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Heerfahrt gegen Heinrich Th-eil, nachdem er bereits zwei Jahre vorher
an der Belagerung des herzoglichen Schlosses zu Haldensleben nicht
ohne große Aufopferung sich Persönlich betheiligt hatte.
Der dem Markgrafen Otto zugefallene Theil des durch fünffache
Thcilung unweise zersplitterten väterlichen Erbes, die Mark Mei-
ßen, war zwar damals im Allgemeinen noch eine unbedeutende Lan-
desstrecke, indem sie ursprünglich nur die Gegend von Wurzen bis an
die Elbe, dann über derselben die Fluren bis an die schwarze Elster
und Pulsnitz, von dieser nach Scharfenberg und dann an die Chemnitz
zwischen den beiden Mulden umfaßte. Jndeß gewann sie schon unter
diesem Markgrafen an Bedeutung, indem mit seiner Regierung die
eigentliche innere Cultur des Landes, sowie die Industrie der Bevöl-
kerung sich zu entwickeln begann. Auf Anlaß der gleich zu nennenden
geistlichen Stiftung lichtete 'Otto auf eigene Kosten immer mehr die
Finsternisse des Miriquidi-Waldes, welcher das jetzige Erzgebirge be-
deckte, und dabei erfolgte die Entdeckung des freiberger Bergsegcns,
welcher durch das Hervorrufen vielfältiger Gewerbe den gewichtigsten
Einfluß auf die Verhältnisse des Landes gewann.
Von seiner Gemahlin Hedwig, einer Tochter Albrecht's des
Bären, Markgrafen von Brandenburg, bewogen, stiftete Otto im1.1162
das Kloster Zelle unweit Nossen. Dieses zu Ehren der heiligen Maria
und des heiligen Johannes gestiftete Kloster führte ursprünglich den
Namen „Marienzelle", erhielt aber 100 Jahre später, zur Unterschei-
dung von Neuenzelle an der Oder in der Lausitz, den Namen Alten-
zelle und ward vom Markgrafen Otto sehr reichlich ausgestattet,
indem er demselben 800 Hufen Landes schenkte und ihm auf einen
Umkreis von vier Quadratmeilen die Nutzung von verschiedenen Dör-
fern und Flecken überließ. Bis zum Jahre 1544,- wo dasselbe einge-
zogen ward, war dieses von Cisterzienser-Mönchen bewohnte Kloster
der Sitz gründlicher Wissenschaft.
Den Beinamen des „Reichen" hat der Markgraf von dem folge-
reichsten Ereigniß erhalten, das sich unter seiner Regierung begeben,
nämlich der Entdeckung der freiberger Bergwerke um das Jahr 1170,
wodurch er einer der reichsten Fürsten Deutschlands ward. Fuhrleute
aus Goslar am Harz — so erzählt man — welche mit einer Ladung
von Salz und Blei auf ihrem Wege nach Böhmen die freiberger Ge-
gend berührten, entdeckten daselbst bei dem Flecken Christiansdorf mit-
ten auf dem Fahrwege eine Erzstufe. Sie nahmen dieselbe mit in
ihre Heimath, wo bereits seit dem Kaiser Otto dem Großen Berg-
bau getrieben ward, um sic untersuchen zu lassen. Da sich ergab, daß
jene Stufe sehr vorzügliches Silber enthielt, so zog der Markgraf Otto
aus der Harzgegend viele Bergleute herbei, wobei ihm der Umstand
sehr zu Statten kam, daß der damalige braunschweigische Bergvoigt
Hermann von der Gowische mit seinem Herzoge in Zerwürfniß
gcrathen war und daher sehr bereitwillig dem Rufe nach Meißen folgte,
wo derselbe zur Freude des Markgrafen je mehr und mehr schöne, reich-
haltige Silbergänge entdeckte.
In der Nähe jenes Fundortes erbauete nun Otto um das Jahr
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