1854 -
Leipzig
: Hirschfeld
- Autor: Stichart, Franz Otto
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
Friedrich der Streitbare.
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mehre tausend deutsche Studcntcu sammt ihren Professoren bewogen, aus-
zuwandern, von denen sich die Mehrzahl in Sachsen niedcrließ. Fried-
rich der Streitbare empfing sie mit offenen Armen, und so ent-
stand die Universität Leipzig, nachdem sie vom Papste Aleranderv.
die Bestätigung erhalten hatte.
Nach mancherlei Zerwürfnissen im deutschen Reiche war endlich
(1410) Sigismund, Wenzel's Bruder, auf den deutschen Thron ge-
kommen, und diesem war es gelungen, daß die Kirchenversammlung zu
Kostnitz (1414—1417) zu Stande kam, auf welcher Johann Xxiii.
und zwei andere Päpste abgesetzt, sowie Johann Huß (1415) und
Hieronymus von Prag (1416) verbrannt wurden. Friedrich
der Streitbare erschien auch auf derselben mit 10 Grafen und 500
Rossen, konnte aber, da er zur Beilegung von Fehden nach Hause ge-
rufen ward, den Schluß derselben nicht abwarten, war also auch bei
der Verurtheilung und Hinrichtung Hussens nicht zugegen. Unter-
Anderem hatte er in der Heimath dem Besitzer des Schlosses Kriebstein,
Dietrich von Bärenwalde, welcher durch einen Herrn von Stau-
pitz aus seinem Sitze vertrieben worden war, bewaffnete Hülfe zu lei-
sten. Es gelang unserm Markgrafen, die belagerte Veste zur Ueber-
gabe zu zwingen. Die Besatzung mußte sich ihm als Gefangene
ergeben, nur der Gattin Staupitzens gestattete er, daß sic mit ihren
Kleinodien freien Abzug aus der Burg nehmen dürfte. Hierbei
wiederholte sich die Geschichte der Weiber von Weinsberg. Denn jene
trug ihren Mann, als ihr bestes „Kleinod", auf dem Rücken aus der
Burg, und Friedrich war vor Kriebstein nicht minder großmüthig,
als Kaiser Konrad vor Weinsberg, er ließ dem Herrn von Stau-
pitz Gnade widerfahren.
Im Frühjahr 1417 ging Markgraf Friedrich noch einmal nach
Kostnitz und zwar in der Absicht, sich vom König Sigismund mit sei-
nen Ländern belehnen zu lassen. Friedrich, der überhaupt die Pracht
liebte, hielt daselbst einen fürstlichen Einzug. Die erbetene Belehnung
ward von Sigismund versprochen; als er aber dem Markgrafen auch
die Lehen für seine in Böhmen erworbenen Besitzungen geben sollte, wei-
gerte sich der König. Friedrich, der über diese Weigerung von Unwillen
erfüllt ward, verließ Kostnitz mit der Erklärung, die er im Vollgefühle
seiner ritterlichen Kraft gab: „Was der König mir jetzt hier zu Kostnitz
verweigert, das wird er nächstens im freien Felde thun müssen!" —
Kaum war Friedrich in sein Land zurückgekchrt, so fand sein
Schwert wieder volle Beschäftigung. Der Fürst Bernhard von An-
halt aus der Bernburger Linie und Graf Bernhard zu Reinstein
hatten unterdessen das Stift Merseburg überfallen und durch Brand
und Plünderung daselbst große Verwüstung angcrichtet. Von Leipzig
aus rückte ihnen unser Markgraf mit einer starken Schaar unvermuthet
auf den Hals, gerieth ins Handgemenge mit ihnen, wobei Viele nie-
dergcmctzelt wurden, und war so glücklich, den Grafen, der mit seinen
Raubschwärmen die Flucht ergreifen wollte, nebst 60 von Adel bei
Zörbig gefangen zu nehmen, dke-theils nach Merseburg, theils nach
Weißenfels und Leipzig in festen Gewahrsam gebracht wurden.