1854 -
Leipzig
: Hirschfeld
- Autor: Stichart, Franz Otto
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
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Johann Friedrich der Großmüthige.
war, zu sacularisiren ld. i. in ein weltliches Besitzthum zu verwandeln),
indem er sich damit zu rechtfertigen gedachte, daß die Unterthanen die-
ses Stifts ohnehin meist protestantisch seien und die noch vorhandenen
Domherren reichlich entschädigt werden sollten. Statt des vom wider-
strebenden Domcapitel ohne Wissen des Kurfürsten schnell gewählten
Bischofs Julius vonpflugk setzte derselbe Nikolaus von Ams-
dorf aus Magdeburg zum protestantischen Bischof ein und gab dem
Stifte einen weltlichen Administrator, worauf die Reformation in dem-
selben vollends durchgeführt wurde.
Im nächsten Jahre 1542 gcrieth der Kurfürst Johann Fried-
rich mit seinem Vetter, dem Herzog Moritz*), in Unfrieden. Dieser,
obschon Protestant, war vom schmalkaldischen Bunde, dessen Mitglied
sein Vater gewesen war, abgetreten und griff, als der Kurfürst Johann
Friedrich ohne sein Vorwissen in der ihnen gemeinschaftlichen Stadt
Wurzen eine von den deutschen Ständen auf dein regcnsburger
Reichstage bewilligte Türkensteuer ausgeschrieben und, da der meißner
Bischof, unter dessen Sprengel Wurzen gehörte, nicht gehorchen wollte,
die Stadt Wurzen mit 400 Mann Cavallerie besetzt hatte, zum Schwert
gegen den Kurfürsten. Moritz hatte, als er noch Prinz war, sich
eine Zeit lang zu Wittenberg am Hofe seines Oheims, des Kurfürsten
Johann Friedrich, aufgehalten und war dort für Luther's Lehre
gewonnen worden. Doch hatte dieser Aufenthalt, statt ein künftiges
freundschaftliches Verhältniß vorzubereiten, das Gegentheil bewirkt.
Auf irgend eine Weise vom Kurfürsten beleidigt, hatte Moritz dessen
Hof schnell verlassen, und als er jetzt Landesherr war, sprach sich die
gereizte Stimmung dieser erlauchten Vettern gegen einander auf den
eben gedachten Wurzener Anlaß so lebhaft aus, daß Beide statt einer-
ruhigen Erörterung des streitigen Rechtes stracks zum Schwerte griffen.
Herzog Moritz, voll ritterlichen Muthes, sammelte bedeutende Trup-
penmassen bei Oschatz, der Kurfürst lagerte mit den Scinigen bei
Grimma. Da jedoch Moritzens Schwiegervater, der Landgraf Phi-
lipp von Hessen, zwischen die Gereizten trat und Frieden stiftete, so
kam es für dieß Mal nicht zum Kampfe. Weil die beiden Heere
um Ostern 1542 entlassen wurden, so daß sie daheim noch friedlich ihre
„Osterfladen" verzehren konnten, so hat diese unblutige Fehde den Namen
„Fladenkri eg"**) erhalten.
Noch in demselben Jahre 1542 gewann die Abneigung der pro-
testantischen und katholischen Partei gegen einander einen Ausbruch in
der Bekriegung des wilden Herzogs Heinrich v o n Braunschweig-
Wolfenbüttel. Dieser erbitterte Feind des schmalkaldischen Bundes
hatte, seit er Mitglied des heiligen Bundes war, die benachbarten
*) Als Herzog Georg der Bärtige gestorben (1539), war diesem sein Bru-
der Heinrich der Fromme in der Regierung gefolgt, aber auch bereits 1541
mit Tode abgegangcn, worauf des Letzteren älterer Lohn Moritz die Regierung
überkam.
**) Nach Andern rührt jener Name daher, weil die Thaten beider Heere darin
bestanden, daß sic, besonders in der Gegend von Wurzen und Oschatz, den Bauern
die Osterfladen wcggegessen hatten.