1854 -
Leipzig
: Hirschfeld
- Autor: Stichart, Franz Otto
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
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Heinrich der Fromme.
und schenke ihm dieses Geld, lasse er sich's aber von den Buben (Mön-
chen) nehmen, so könne er nichts dawider."
Daß ihm von seinem Vater Albrecht die Vicestatthalterschaft
von Friesland übertragen worden, wobei er zu Franecker in Lebens-
gefahr gerathen, sowie daß er nach des Vaters Tode die Statthalter-
schaft selbst überkommen, jedoch bald wieder an den kräftigeren Bruder
Georg abgetreten, ist bereits oben in den Lebensbeschreibungen von
Albrecht und Georg erwähnt worden. Die Kette, an welcher die
Friesen den Herzog Heinrich zu hängen gedachten, und die denselben
abgebeutet worden, hob derselbe als ein Heiligthum auf, sowie er auch
sein in Friesland gebrauchtes Schlachtschwert in seinem Schlafgemach
aufgchängt hielt.
Seitdem wählte Heinrich Freiberg zu seiner Residenz, wo er
ein heiteres und gemächliches Leben führte und sich am 6. Juli 1512
mit Katharina, Tochter des Herzogs Magnus zu Mecklenburg,
vermählte, welches Fest nebst anderen fürstlichen Personen auch sein
Bruder Georg durch seine Anwesenheit verherrlichte. Geliebt und
werthgehalten von seinen Unterthanen, näherte er sich ihnen gern freund-
lich und besuchte häufig, von einem kleinen Mohren und einer Dogge
begleitet, ihre Werkstätten und fuhr selbst in Bergmannskleidern mit
seinen lieben Bergleuten an. Dabei hatte er manche unschuldige Eigen-
thümlichkeit. Er liebte, im Gegensatz zur schwarzen Hoffarbe seines
Bruders Georg, an seinen Hoflcuten auffallende buntgewürfelte Klei-
dung, während er selbst ganz geringe Kleider trug und meist in einem
Wolfspelz einherging.*) Fortwährend trug er einen Dolch und ein
großes, schweres, mit Gold beschlagenes Schwert an der Seite, das er
selbst im Alter, wie schwer es ihm auch wurde, nicht ablegte. Auch
liebte er schöne Pferde und ergötzte sich gern an Musik und Gesang.
Trotz seiner friedlichen Natur hatte Heinrich Freude an übermäßig
großen Kanonen, auf deren Schilden nach von Lucas Cranach in
Wittenberg entworfenen Zeichnungen allerhand Teufels gestalten rc. an-
gebracht waren. Diese Kanonen, denen er auffallende Namen gab,
besuchte er oft im Zeughause und wischte mit seinem Mantel jedes
Stäubchen hinweg. Ging's auf die Reise, so konnte seine Ungeduld
die Abfahrt nicht erwarten, und man sah ihn schon halbe Stunden
lang zuvor im noch unbespannten Wagen sitzen. Auf seinen Reisen,
und wenn sie noch so kurz waren, führte er stets tüchtige Speisevor-
räthe bei sich. Trotz seiner geringen Einkünfte (nach Vcrtheilung jener
Jahrrente kamen nur 2000 Gulden auf seine Person) führte er ein
gastfreies Leben, wie er denn auch selbst die Freuden der Tafel nicht
wenig liebte. Dadurch kam er freilich, zumal als seine Familie wuchs,
nicht selten in Geldverlegenheit und mußte Vorschüsse erheben, wodurch
er sich manche gerechte Klage vom sparsamen Georg zuzog. Jnsbc-
*) Seine Hofbedienten führten übrigens später auf den Acrmeln von Seide auf
Atlas gestickt die Buchstaben V. D. M. I. Ae. d. i. des Herrn Wort bleibet in Ewig-
keit, welche Buchstaben auch viele Bürger Freibergs über den Eingängen ihrer Häu-
ser anbringen ließen.