1854 -
Leipzig
: Hirschfeld
- Autor: Stichart, Franz Otto
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
Friedrich August der Gerechte.
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7. Juni 1843 feierlich eingcweiht wurde.) — Wenige Monate nach
diesem Jubelfeste, nämlich am 19.Januar 1819, erfolgte das goldene
Ehejubiläum des Königspaares, welches mit gleicher herzlicher Theil-
nahme am Hofe wie im ganzen Lande gefeiert wurde.*)
Als mit dem Tode des Herzogs Friedrich Iv. (11. Fcbr. 1825)
das Rcgentenhaus von Sachsen-Gotha erloschen war, übertrugen
die Ernestiner, auf welche dieses Erbe überging ldie Herzoge von S.
Meiningen, S. Hildburghausen und S. Coburg-Saalfeld), die Vermit-
telung der über diese Erbschaftsangclegenheit sehr abweichenden Ansich-
ten dem Familienoberhaupte des sächsischen Gesammthauses, unserm
Könige Friedrich August dem Gerechten, der auch diese wichtige
Angelegenheit durch den am 15. Nov. 1826 von jenen drei Fürsten
Unterzeichneten Theilungsvertrag auf dem friedlichen Wege der Aus-
gleichung beendigte. Bald nach Vollendung dieses Friedenswerkes
sollte der vollendete Gerechte selbst in das Vaterland der Gerechten und
des Friedens eingchen. Bei der strengen Regelmäßigkeit seiner Lebens-
weise hatte der ehrwürdige königliche Greis einer seltenen Munterkeit
und Regsamkeit der Kräfte sich zu erfreuen, so daß er bis wenige Tage
vor seinem Tode alle Regierungsgeschäfte in demselben Umfange und
mit derselben Sorgfalt übte, wie in den Jahren der vollkräftigsten
Jugend. Noch hatte er am 30. April 1827 an einer Jagd Theil ge-
nommen und am Abend des 1. Mai das deutsche Schauspiel besucht,
als in der darauf folgenden Nacht ihn eine Krankheit überfiel, welche
am 5. Mai 1827 früh nach 7 Uhr sein theures Leben im 77. Alters-
und 59. Regierungsjahre durch einen Schlagfluß endete. Es bestätigte
sich an dem edlen Gerechten das heilige Schristwort, welches bei seinem
Traucrgcdächtnißfcste in allen Gotteshäusern des Landes wiederhallte:
„Ich will ihn sättigen mit langem Leben und will ihm zeigen mein
Heil!" (Psalm 91, 16.) Schmerzlos ging er nach langem,''treu voll-
brachtem Tagewerke hinüber in die Gefilde der besseren Welt; doch mit
tiefem Schmerze und ungeheuchelter Trauer wurden die Herzen seiner
Familie und seines Volkes durch seinen Hingang erfüllt.
Ehrenvoll geachtet von den Fürsten und Völkern unsers ganzen
Erdtheils stand der fromme, weise und gerechte Fürst in der Welt da,
eben so mäßig im Glück als gottergeben und besonnen im Unglück.
So lange der Kurhut sein Haupt, so lange die Königskrone sein Sil-
berhaar deckte, so lange kannte er keinen höheren Wunsch und kein
eifrigeres Streben, als sein treues Volk zu beglücken, den so oft ge-
lähmten Wohlstand desselben neu zu beleben und ihm immer neue
Scgensquellen zu öffnen. Fricdri'ch August war aus echter Fröm-
ungkeit treu und gewissenhaft in seinem hohen Berufe, selbstständig im
edelsten Sinne, musterhaft pünktlich und ordnungsliebend, unbeugsam
gerecht, wirthschaftlich und umsichtig wie ein wahrer Vater des Landes
*) Seine würdige Gemahlin, Maria Amalia Augusta, starb am 15. Nov.
1828. — Uebrigcns war jenen beiden Jubelfesten für die evangelischen Landcsbe-
wobner ein anderes vorhergegangen, nämlich die drittesacularfeier der Re-
fo rm ati on, welche am 31. Oct., 1. und 2. Nov. 1817 im ganzen Lande aus das
Feierlichste begangen wurde.
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