1859 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Kurts, Friedrich, Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gelehrtenschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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eine ansehnliche Summe erließ. — Eine andere Einrichtung gefiel dem Volke
besser. Er theilte es nach dem Vermögen in vier Klassen, und verordnte, daß
nur aus den drei ersten die Staatsbeamten gewählt werden dürften; mit Recht!
denn den Armen fehlte es theils an der nöthigen Zeit, — alle Aemter wurden
nämlich unentgeldlich verwaltet, — theils an der gehörigen Bildung. Dafür
aber wurden der vierten Klasse alle Steuern erlassen. Aus den drei ersten
Klassen wurde nun ein Senat ernannt, der anfangs aus 400, später aus 500,
endlich aus 600 Personen bestand. Auch führte er allgemeine Volksversamm-
lungen ein, die alle Wochen gehalten wurden, und in denen jeder erwachsene
atheniensische Bürger erscheinen und seine Stimme geben mußte. Der Bürger
wurde dadurch gewöhnt, über das Wohl seines Vaterlandes nachzudenken; auch
gewann dadurch das Selbstgefühl und die Vaterlandsliebe, da Jeder wußte, er
habe mitzusprechen. Solon wußte indessen sehr wohl, daß das Volk leicht miß-
zuleiten sey; deswegen wurde das, was ihm vorgetragen werden sollte, vorher
von dem Senate untersucht. Trotz dieser Vorsicht fehlte es nicht an Volks-
bewegungen und Parteiungen, und oft gelang es den Volksrednern, die Bürger
zu unbesonnenen Maßregeln zu verleiten. Das sind die Folgen der republi-
kanischen Verfassungen!
Eine höchst weise Einrichtung war die des Areopügos. Dies war der
höchste Gerichtshof in Athen, der nur aus den abgegangenen Archonten, also
aus den ältesten, weisesten und zuverlässigsten Männern, bestand, und damit ja
keine Parteilichkeiten vorkämen, so wurden seine Versammlungen des Nachts
im Dunkeln gehalten, damit die Richter die Parteien nicht sähen, also auch
nicht durch den Anblick der Thränen und der bittenden Mienen bestochen würden.
Sie sprachen blos über schwerere Verbrechen das Urtheil, und hatten die Auf-
sicht über die Religion, die Gesetze und die Sitten des Volkes.
So gering auch die Entfernung Athens von Sparta war, so war doch
nichts von der Gesetzgebung des Lykurg in die des Solon übergegangen, und
es ist allerdings ausfallend, wie zwei weise Männer so ganz verschiedene Mittel
wählen konnten, ihr Volk glücklich zu machen. Ja, die Gesetze Solons waren
zum Theil denen des Lykurg geradezu entgegengesetzt. So wurde es in Sparta
für eine Schande gehalten, zu arbeiten; dagegen durfte in Athen nicht nur Jeder
eine Handthierung treiben, sondern es wurde sogar der Vater bestraft, der seinen
Sohn kein Handwerk lernen ließ; dieser hatte dann nicht nöthig, den Vater im
Alter zu unterhalten. Auch mischte sich in Athen der Staat nicht in die Er-
ziehung der Kinder, die allein den Eltern zugehörten. Und dennoch kann man
nicht sagen, daß die Athener schwächlicher, oder ungeschickter, oder weniger tapfer
gewesen wären, als die Spartaner; ja, im Gegentheil wird sich in der Folge
zeigen, daß jene muthig ausharrten, wenn diese manchmal an der Rettung des
Vaterlandes verzweifeln wollten. Von Jugend auf wurden die Athener in den
Waffen und in Gewandtheit des Körpers geübt; aber nicht mit der harten
Strenge wie in Sparta, und zugleich wurde auch ihr Geist veredelt, und ihr
Geschmack gebildet. Gingen die Bürger in den Krieg, so stritten sie mit Tapfer-
keit; denn sie wußten, daß, wenn sie sielen, ihnen ein feierliches Leichenbegäng-
niß gehalten, und ihr Andenken durch Reden verherrlicht würde. Auch die
Kinder der für das Vaterland Gefallenen wurden auf öffentliche Kosten er-
zogen. Besonders lobeuswerth war auch das menschenfreundliche Gesetz, daß