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1. Mittlere Geschichte - S. 256

1859 - Leipzig : Fleischer
256 auf, und rüstete sich schnell, die Treulosigkeit zu rächen. Schon standen beide Heere nahe an einander. Da zog Ludwig wieder Unterhandlungen der offenen Gewalt vor. Er hatte zwar die Lütticher, die sich schon mehrmals gegen Karl empört hatten und dafür blutig bestraft worden waren, wieder zum Aufruhr ermuntert, hoffte aber, sie würden erst später losbrechen, und trug dem Herzog eine Unterredung an, die in Peronne'1468 gehalten werden sollte. So treulos und wortbrüchig auch Ludwig selbst war, so glaubte er doch dem Edelmnthe des Herzogs trauen zu können, dessen ritterlicher Sinn ihm Bürge, für seine Sicherheit war. Karl nahm den Antrag an; Ludwig kam mit weniger Begleitung nach Peronne, und wurde von dem Herzog mit offener Zutraulichkeit empfangen. Die Stadt wimmelte von burgundischen Rittern und Soldaten; unter jenen erkannte der König mehrere, die früher in seinen Diensten gewesen, aber, von ihm beleidigt, zu Karl übergegangen waren. Ihr Anblick machte ihn ängstlich; er bat daher den Herzog, ihm zu seiner Sicherheit das befestigte Schloß von Peronne einzuräumen, ohne zu ahnen, daß er sich hier selbst in die Gefangenschaft begebe. Denn kaum hatten die Unterhandlungen mit Karl hier begonnen, so lief die Nachricht ein, die Lütticher hätten sich wieder empört, und man hätte unter ihnen des Königs Agenten, welche sie anfgemuntert, gesehen. Ludwigs Hinterlist lag nun am Tage; doch dies Mal hatte sich der sonst so schlaue Mann selbst in die Falle begeben, und konnte seinem Feinde nicht inehr entwischen. Der Herzog tobte vor Wnth, und seinem Ungestüm war das Aergste zuzntranen. Indessen lebte der König in der peinlichsten Ungewißheit. Aber auch hier half er sich durch seine Schlauheit. Er wußte einige der Räthe Karls durch Versprechungen zu gewinnen, daß sie den Herzog zu gelinderen Maßregeln stimmten. Sie brachten ihn mit vieler Mühe dahin, dem Könige die Frei- heit zu verheißen, wenn er gewisse Bedingungen eingehe. Ludwig war so- gleich zu Allem bereit. Karl verlangte die Aufhebung der Oberhoheit des Königs über die burgundischen Besitzungen, und die Abtretung von Cham- pagne und Brie an den Bruder des Königs. Ludwig ging Alles ein, mit dem Vorsatze, nichts zu halten. Ehe aber Karl seinen Gefangenen entließ, mußte dieser ihn auf seinem Zuge gegen Lüttich begleiten, und Zeuge sein, wie jener die rebellische Stadt einnahm, und bis aus die Kirchen und Klöster zerstörte. Sobald der König frei war, brach er auch seinen Eid. Er bot nämlich seinem Bruder für Champagne und Brie, die er wegen der Nähe von Bur- gund nicht gern in dessen Hände geben wollte, das Herzogthum Guienne an, was dieser auch annahm. Dann hielt er mit ihm eine Zusammenkunft, um den gutmüthigen Prinzen ganz von Burgund abzuziehen. So groß war aber in jener Zeit die Furcht vor Verrath, daß der mißtrauische Ludwig aus der Brücke, ans welcher die Zusammenkunft stattfand, ein starkes Gitter hatte machen lassen, welches die Brüder trennte, und dem Prinzen, der die freund- lichsten Gesinnungen zeigte, durchaus nicht erlauben wollte, auf die andere Seite des Gitters zu ihm zu kommen. Daraus fing der König mit Karl dem Kühnen Feindseligkeiten an; er besetzte unter nichtigem Vorwände bur- gundische Gränzstädte, und nahm gegen den Vertrag von Peronne Appellationen bnrgnndischer Unterthanen an, ja zuletzt befahl er ihm sogar, sich vor dem
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