1859 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Kurts, Friedrich, Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gelehrtenschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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schöner Mann von erst zwanzig Jahren. Aber sein Aeußeres hatte sie getäuscht.
Sie fand bald, daß er von rohen Sitten wäre, und daß ihm alle die Tugenden
abgingen, welche sie glücklich machen konnten. Dazu war das Volk mit der
Heirath unzufrieden, weil er Katholik war. Der Pöbel rottete sich zusammen,
der Adel bewaffnete sich, und Elisabeth, die selbst erst zu dieser Heirath ge-
rathen, nachher aber sie gemißbilligt hatte, unterstützte die Rebellen heimlich.
Maria sammelte schnell die ihr Getreuen, jagte die Empörer aus einander,
und nun gab sich Elisabeth das Ansehen, als habe sie nicht den geringsten
Antheil daran gehabt, ob sie gleich den aus Schottland Geflüchteten sichern
Aufenthalt in England bewilligte.
Die Spannung zwischen Maria und Darnleh wurde indessen immer
größer, besonders seitdem er den Italiener Rizzio, ihren Schreiber, der sich
durchseine musikalischen Talente in ihre Gunst gesetzt und, im Vertrauen dar-
auf, sich sehr anmaßend betragen hatte, vor ihren Augen hatte ermorden lassen.
Daß sie einige Zeit darauf einen Sohn gebar — denselben, der nachher als
König von England Jakob I. hieß — machte das Verhältniß nicht besser;
denn an die Stelle der früheren Gleichgültigkeit war nun Haß und Rachsucht
getreten. Kein Wunder, daß sie, die weder in ihrem Hause noch außer dem-
selben Freude fand, sich nach theilnehmenden Freunden unffah. Einen solchen
glaubte sie im Grafen Both well (spr. Boßwell) gefunden zu haben. Aber
'er war ein ehrsüchtiger, sitten- und gewissenloser Bösewicht, der den Wider-
willen Mariens gegen Darnleh noch mehr anfachte, und endlich ihr den Vor-
schlag machte, sich von ihrem Gemahl scheiden zu lassen, und sich mit ihm zu
vermählen. Aber Maria erklärte sich mit Unwillen dagegen. „Ich will
nichts thun," sprach sie, „was meinen guten Namen und mein Gewissen ver-
letzen könnte. Laßt die Sachen, wie sie sind, bis es Gott gefallen wird,
dem Uebel abzuhelfen." Indessen wurde Darnleh in Glasgow gefährlich
krank. Maria reiste zu ihm, versöhnte sich mit ihm scheinbar, und es schien,
als wenn das Vernehmen unter ihnen besser werden sollte. Aber gerade dies
brachte den Bothwell um alle seine Hoffnungen, und er beschloß, die Königin auch
wider ihren Willen von Darnleh zu befreien. Maria hatte ihren Genmhl
beredet, sich mit ihr nach Edinburg zu begeben. Sie bereitete ihm hier seine
Wohnung nicht im Schlosse, sondern in einem vor der Stadt gelegenen
Hause. In einer Nacht, in welcher sie gerade abwesend war, weil sie der
Vermählung einer ihrer Kammerfrauen beiwohnte, flog das Haus, in welchem
Darnleh wohnte, krachend in die Luft (156/). Ob sie das Verbrechen vor-
her gewußt, ist nicht ausgemacht; Bothwell gab auf dem Sterbebette
nur sich und noch einige Männer als Mörder an. Maria zeigte auch Be-
trübniß. Daß Bothwell der Thäter sei, daran zweifelte Niemand, aber auch
Maria wurde von den Meisten für eine Mitwisserin gehalten. Jedenfalls
benahm sie sich höchst unbesonnen, indem sie keine Untersuchung über die Ur-
heber der That anstellen ließ, wohl aber den Bothwell und die andern an-
geblichen Thäter auffallend begünstigte, obgleich Alle, die es mit ihr gut
meinten, auf strenge Untersuchung drangen, damit sie vor den Augen der
Menschen gerechtfertigt erscheine. Endlich wurde zwar ein Gericht dazu
niedergesetzt; da aber Bothwell Vorsitzender desselben war, so endigte sich die
Verhandlung damit, daß er für unschuldig erklärt wurde. Darauf setzte sie