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1. Neue Geschichte - S. 279

1859 - Leipzig : Fleischer
279 rung ist allgemein. Ach! ich habe sie vom ersten Tage meiner Regierung an bemerkt!" Die Nacht brachte er auf dem Schiffe zu. Gegen Morgen ließ er- den erfahrenen Münnich in die Cajüte kommen. „Feldmarschall!" sagte er, „Ihr habt ja so viele Gefahren in Eurem Leben gesehen; sagt mir, was soll ich thun?" — „Bis jetzt ist nichts verloren," antwortete Münnich. „Segeln Sie schnell nach Reval (in Esthland), nehmen Sie dort ein Kriegsschiff, fah- ren Sie nach Preußen, wo Ihr Heer steht, und kehren Sie an der Spitze von 80,000 Mann nach Ihren Staaten zurück. Ich schwöre, ehe sechs Wochen vergehen, sind Sie wieder Herr Ihres Reiches." — So vernünftig dieser Rath auch war, so ließ sich Peter doch durch seine Höflinge bestimmen, ihn zu verwerfen. Er fuhr wieder nach Oranienbaum zurück, und schwankte von einem Entschlüsse zum andern. Bald ließ er sich sein schnellstes Pferd satteln, um allein nach Polen zu entfliehen; bald wollte er sich seiner Ge- mahlin zu Füßen werfen. Endlich beschloß er, ihr den russischen Thron zu überlassen, und sie dafür um die Erlaubniß zu bitten, sich nach Holstein zu- rückziehen zu dürfen. Sogleich ließ er seine ihm nock) getreuen Haustruppen auseinander gehen und die Waffen niederlegen. „Sir!" sprach Münnich, den dieser Anblick mit Unwillen erfüllte, „wissen Sie denn nicht an der Spitze Ihrer Soldaten als Kaiser zu sterben? Wenn Sie sich fürchten, nieder- gehauen zu werden, so nehmen Sie ein Cruzifix in die Hand, und Keiner wird wagen, Hand an Sie zu legen; ich werde das Schwert führen." Aber vergebens! Petern riß sein Verhängniß fort. Er schrieb an Katharinen, und bat demüthig um freien Abzug. Diese war indeß bis Peterhos gekommen, ohne auf Truppen zu stoßen. Statt der Antwort schickte sie ihm eine Ent- sagungs-Acte zu, die er unterschreiben sollte. Sie fing sich an: „Während der kurzen Zeit meiner Regierung habe ich erkannt, daß ich für eine solche Last zu schwach bin und daß es über meine Kräfte geht, das Reich auf irgend eine Art zu regieren" u. s. w. — Und das unterschrieb Peter ohne Umstände. Der Kammerherr, der ihm die Schrift überbracht hatte, nöthigte ihn, in einen Wagen zu steigen, und führte ihn nach Peterhof, wo Katharina war. Als er durch die hier stehenden Regimenter fuhr, brüllten die Soldaten: „Hoch lebe Katharina!" und als er am Schlosse ausstieg, rief man ihm barsch zu: „Entkleide dich!" Er gehorchte, riß seinen Ordensstern ab, zog den Rock aus, gab den Degen weg, und nun, entkleidet dem Gespötte der Soldaten preis- gegeben, die noch zwei Tage vorher vor ihm gezittert hatten, stellte er ein recht bedauernswürdiges Bild der Nichtigkeit menschlicher Größe dar. Jetzt wurde er nach einem 6 Stunden von Petersburg entfernten Hause als Ge- fangener abgeführt, und wäre dort vielleicht viele Jahre geblieben, hätten sich nicht unter den Soldaten, die zum Theil die rasche That zu bereuen ansingen, Bewegungen gezeigt. Katharina willigte endlich in den Rath ihrer Freunde ein, ihn aus der Welt zu schaffen. Alexei Orlow, ein Bruder des Gre- gorei Orlow, Günstlings der Kaiserin, bisher ein gemeiner Edelmann, aber durch die Gunst Katharinens zum Grafen erhoben, übernahm das Bubenstück. Er begab sich mit einem andern verworfenen Menschen, Namens Teplow, zu Peter ins Gefängniß, und erklärte, sie würden mit ihm speisen. Nach Ge- wohnheit der Russen wurde vor Tische Branntwein getrunken, dem Kaiser aber dies Mal ein vergiftetes Glas vorgesetzt. Weil sie indessen besorgten,
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