1859 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Kurts, Friedrich, Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gelehrtenschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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erklärte: „Beurtheilungen, wenn sie keine Schmähschriften sind, sie mögen
nun den Landesfürsien oder den Untersten betreffen, sind nicht zu verbieten."
Ja, er las alle über ihn und seine Regierung erscheinende Schriften, die zum
Theil sehr bittere Urtheile enthielten, und nie hat er die Verfasser im Ge-
ringsten bestraft. — Dann verbot er alle Reisen und Geldsendungen der öst-
reichischen Geistlichkeit nach Rom; er wollte sie ganz unabhängig vom römi-
schen Papste machen, und untersagte darum auch, daß ohne seine besondere
Erlaubniß eine Verordnung des Papstes in seinen Staaten bekannt gemacht
würde. Er gewährte durch sein berühmtes Toleranz-Ediet den Protestanten,
Reformirten und Griechen freie Religionsübung und die Gleichheit bürger-
licher Rechte. Er hob alle die Klöster auf, deren Mönche ein unthätiges
Leben führten, und sämmtliche Nonnenklöster, die der Elisabethinerinnen und
Ursulinerinnen allein ausgenommen, weil jene sich mit Krankenpflege, diese
mit Unterricht beschäftigten. Diese kühnen Schritte setzten den Papst in Un-
ruhe; er hoffte, durch eine mündliche Unterredung den Kaiser von ferneren
ähnlichen Schritten zurückhalten zu können, und kündigte daher seinen Besuch
in Wien an, den der Kaiser aus Höflichkeit nicht 4vohl ablehnen konnte.
Aber er verbot allen Kloster- und andern Geistlichen, sich wegen einer kirch-
lichen Angelegenheit an den Papst zu wenden. Als Pius Vi. 1782 sich Wien
näherte, fuhr ihm Joseph entgegen, und zum ersten Male, seitdem es Kaiser
und Päpste giebt, sah man einen Kaiser und einen Papst, neben einander in
Einem Wagen sitzend, ihren Einzug in Wien halten. Eine ungeheure Volks-
menge war herbeigeströmt, welcher der Papst rechts und links reichlich den
Segen ertheilte. Seine Wohnung erhielt Pius in der Kaiserburg, und zwar
so, daß Niemand zu ihm kommen konnte, ohne von den kaiserlichen Beamten,
die ihn nicht aus den Augen ließen, bemerkt zu werden. Mehrmals fing
Pius an, mit Joseph über kirchliche Angelegenheiten zu sprechen; aber sogleich
brach dieser ab, und bat, sein Begehren schriftlich abzufassen, damit die Theo-
logen das Nöthige darauf antworten könnten. So blieb Pius einen ganzen
Monat in Wien, ohne das Geringste ausgerichtet zu haben, aber immer war
er mit der äußersten Artigkeit behandelt worden. Daß des Papstes Besuch
auf Josephs Entschlüsse gar keinen Einfluß gehabt habe, zeigte sich bald. Bei
Josephs Regierungsantritt gab es im Oestreichischen ungefähr 2000 Klöster.
Er hob 700 davon, meist Klöster der Bettelorden, auf, und entließ damit
mehr als 30,000 Mönche und Nonnen mit kleinen Jahrgehalten in das ihnen
fremd gewordene Treiben der Welt. Die übrigen 1300 Klöster stellte er
unter sehr strenge Aufsicht. Das durch die Einziehung gewonnene Geld
wandte er an, neue Pfarrer anzustellen. Ferner verbot er die Todesstrafen,
führte dagegen aber Strafarbeiten ein, die oft viel härter als der Tod waren,
z. B. das Ziehen der Donauschiffe, und da er bemerkt hatte, daß früherhin
oft Leute aus vornehmen Familien ohne Strafe oder mit einer nur gelinden
Züchtigung weggekommen waren, so verordnete er, daß künftig jeder Schul-
dige ohne allen Unterschied des Standes bestraft werden sollte. Daher kam
es mehrmals vor, daß hohe Staatsbeamte, Hofräthe, Stabsoffiziere, Grafen
und Barone mit geschorenem Kopfe, in grober Kleidung, und zwei und zwei
mit Ketten an einander geschlossen, unter den gemeinen Verbrechern die
Straßen kehren mußten, ein freilich sehr hartes Verfahren, welches ihm den