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1. Neue Geschichte - S. 304

1859 - Leipzig : Fleischer
304 erklärte: „Beurtheilungen, wenn sie keine Schmähschriften sind, sie mögen nun den Landesfürsien oder den Untersten betreffen, sind nicht zu verbieten." Ja, er las alle über ihn und seine Regierung erscheinende Schriften, die zum Theil sehr bittere Urtheile enthielten, und nie hat er die Verfasser im Ge- ringsten bestraft. — Dann verbot er alle Reisen und Geldsendungen der öst- reichischen Geistlichkeit nach Rom; er wollte sie ganz unabhängig vom römi- schen Papste machen, und untersagte darum auch, daß ohne seine besondere Erlaubniß eine Verordnung des Papstes in seinen Staaten bekannt gemacht würde. Er gewährte durch sein berühmtes Toleranz-Ediet den Protestanten, Reformirten und Griechen freie Religionsübung und die Gleichheit bürger- licher Rechte. Er hob alle die Klöster auf, deren Mönche ein unthätiges Leben führten, und sämmtliche Nonnenklöster, die der Elisabethinerinnen und Ursulinerinnen allein ausgenommen, weil jene sich mit Krankenpflege, diese mit Unterricht beschäftigten. Diese kühnen Schritte setzten den Papst in Un- ruhe; er hoffte, durch eine mündliche Unterredung den Kaiser von ferneren ähnlichen Schritten zurückhalten zu können, und kündigte daher seinen Besuch in Wien an, den der Kaiser aus Höflichkeit nicht 4vohl ablehnen konnte. Aber er verbot allen Kloster- und andern Geistlichen, sich wegen einer kirch- lichen Angelegenheit an den Papst zu wenden. Als Pius Vi. 1782 sich Wien näherte, fuhr ihm Joseph entgegen, und zum ersten Male, seitdem es Kaiser und Päpste giebt, sah man einen Kaiser und einen Papst, neben einander in Einem Wagen sitzend, ihren Einzug in Wien halten. Eine ungeheure Volks- menge war herbeigeströmt, welcher der Papst rechts und links reichlich den Segen ertheilte. Seine Wohnung erhielt Pius in der Kaiserburg, und zwar so, daß Niemand zu ihm kommen konnte, ohne von den kaiserlichen Beamten, die ihn nicht aus den Augen ließen, bemerkt zu werden. Mehrmals fing Pius an, mit Joseph über kirchliche Angelegenheiten zu sprechen; aber sogleich brach dieser ab, und bat, sein Begehren schriftlich abzufassen, damit die Theo- logen das Nöthige darauf antworten könnten. So blieb Pius einen ganzen Monat in Wien, ohne das Geringste ausgerichtet zu haben, aber immer war er mit der äußersten Artigkeit behandelt worden. Daß des Papstes Besuch auf Josephs Entschlüsse gar keinen Einfluß gehabt habe, zeigte sich bald. Bei Josephs Regierungsantritt gab es im Oestreichischen ungefähr 2000 Klöster. Er hob 700 davon, meist Klöster der Bettelorden, auf, und entließ damit mehr als 30,000 Mönche und Nonnen mit kleinen Jahrgehalten in das ihnen fremd gewordene Treiben der Welt. Die übrigen 1300 Klöster stellte er unter sehr strenge Aufsicht. Das durch die Einziehung gewonnene Geld wandte er an, neue Pfarrer anzustellen. Ferner verbot er die Todesstrafen, führte dagegen aber Strafarbeiten ein, die oft viel härter als der Tod waren, z. B. das Ziehen der Donauschiffe, und da er bemerkt hatte, daß früherhin oft Leute aus vornehmen Familien ohne Strafe oder mit einer nur gelinden Züchtigung weggekommen waren, so verordnete er, daß künftig jeder Schul- dige ohne allen Unterschied des Standes bestraft werden sollte. Daher kam es mehrmals vor, daß hohe Staatsbeamte, Hofräthe, Stabsoffiziere, Grafen und Barone mit geschorenem Kopfe, in grober Kleidung, und zwei und zwei mit Ketten an einander geschlossen, unter den gemeinen Verbrechern die Straßen kehren mußten, ein freilich sehr hartes Verfahren, welches ihm den
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