1859 -
Leipzig
: Fleischer
- Autor: Kurts, Friedrich, Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Gelehrtenschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
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Haß ganzer Familien zuzog. Auch über die Aufhebung der Leibeigenschaft
waren Viele unzufrieden; kurz statt Liebe und Dankbarkeit, die er zu verdienen
glaubte, erntete der gute Kaiser überall Haß, nicht allein weil er durch seine
Neuerungen den Vortheil einzelner Stände verletzte, sondern auch, weil seine
Reformen, die nur in vorsichtiger Entwickelung wohlthätig wirken konnten, in
so überstürzender Eile nicht durchgeführt werden konnten, ohne wie ein Zwang
auf dem Volke zu liegen. Und doch meinte er es mit seinen Unterthanen so
wahrhaft gut. Er ließ sich von Jedem sprechen, hörte eines Jeden Klagen
freundlich und geduldig an, und alle Vormittage war der Corridor zu seinen
Zimmern mit Leuten aus allen Ständen besetzt, die etwas bei ihm anzu-
bringen hatten. Alle Stunden ging er außerdem hinaus, und nahm die Bitt-
schriften selbst in Empfang, die man ihm überreichen wollte.
So eifrig nun auch der gute Joseph für seine Unterthanen arbeitete, so
glaubte er doch immer noch nicht genug zu thun, und verbat sich alle Aus-
zeichnungen. In Prag wurde das steinerne Geländer der herrlichen Moldau-
brücke mit verschiedenen Bildsäulen besetzt; auch die seinige sollte darunter
sein. Er aber gab das nicht zu, weil er noch nicht verdient habe, daß man
ihm Ehrensäulen setze, und noch bis auf heute ist das Postament, auf welchem
sein Bild stehen sollte, allein leer, eine ehrenvollere Auszeichnung, als die ver-
goldeten Bildsäulen mancher Fürsten. Als er die Landescollegien von Ungarn
aus Preßburg nach Ofen verlegt hatte, wollten ihm die Einwohner dieser
Stadt eine Ehrensäule errichten. Er aber lehnte es mit folgenden Worten
ab: „Daß ich zur bessern Uebersicht der Reichsämter dieselben in Ofen ver-
einigt, und hierdurch der Stadt zufällig einige Vortheile verschafft habe, das
verdient in der That eine solche Ehre nicht. Wenn ich es jedoch einmal dahin
werde gebracht haben, daß die Ungarn die wahren Verhältnisse zwischen dem
Könige und den Unterthanen allgemein anerkennen; wenn ich alle geistliche
und weltliche Mißbräuche werde abgestellt; wenn ich Thätigkeit und Industrie
werde geweckt, den Handel in Flor gebracht, das Land von einem Ende bis
zum andern mit Straßen und schiffbaren Canälen versehen haben, wie ich es
hoffe, wenn dann die Nation mir ein Monument errichten will, dann möchte
ich es vielleicht verdient haben, und dann werde ich es auch mit Dank an-
nehmen." —
Trotz dieser sich aufopfernden Liebe für seine Unterthanen entstand unter
allen Ständen Unzufriedenheit, Abneigung und zum Theil selbst Haß gegen
Joseph, der so unglücklich war, durch jede neue Verordnung, wenn sie auch
noch so gut gemeint war, die Leute gegen sich aufzubringen. So verbot er,
damit nicht so vieles Geld für unnütze Waaren aus dem Lande ginge, alle
fremde Fabrikate, mehrere ausländische Eßwaaren, und alle fremde Weine.
Wer dergleichen für seinen Haushalt bedurfte, erhielt zwar die Erlaubniß, sie
einzuführen, mußte aber eine hohe Abgabe zahlen. Um durch sein Beispiel
voranzugehen, schenkte Joseph alle seine in den Hofkellern befindlichen aus-
ländischen Weine an das Krankenhospital, und begnügte sich mit inländischen.
Wurden fremde Waaren entdeckt, so ließ er sie öffentlich verbrennen. Dies
geschah mehrmals, selbst für 10—15,000 Gulden mit einem Male. Ueber
diese Verordnung beklagte sich das ganze Land; aber die inländischen Fa-
briken hoben sich, und viel Geld wurde erspart.
Die große Unzufriedenheit mit Josephs raschen Verbesserungen ging end-
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