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1. Neue Geschichte - S. 305

1859 - Leipzig : Fleischer
305 Haß ganzer Familien zuzog. Auch über die Aufhebung der Leibeigenschaft waren Viele unzufrieden; kurz statt Liebe und Dankbarkeit, die er zu verdienen glaubte, erntete der gute Kaiser überall Haß, nicht allein weil er durch seine Neuerungen den Vortheil einzelner Stände verletzte, sondern auch, weil seine Reformen, die nur in vorsichtiger Entwickelung wohlthätig wirken konnten, in so überstürzender Eile nicht durchgeführt werden konnten, ohne wie ein Zwang auf dem Volke zu liegen. Und doch meinte er es mit seinen Unterthanen so wahrhaft gut. Er ließ sich von Jedem sprechen, hörte eines Jeden Klagen freundlich und geduldig an, und alle Vormittage war der Corridor zu seinen Zimmern mit Leuten aus allen Ständen besetzt, die etwas bei ihm anzu- bringen hatten. Alle Stunden ging er außerdem hinaus, und nahm die Bitt- schriften selbst in Empfang, die man ihm überreichen wollte. So eifrig nun auch der gute Joseph für seine Unterthanen arbeitete, so glaubte er doch immer noch nicht genug zu thun, und verbat sich alle Aus- zeichnungen. In Prag wurde das steinerne Geländer der herrlichen Moldau- brücke mit verschiedenen Bildsäulen besetzt; auch die seinige sollte darunter sein. Er aber gab das nicht zu, weil er noch nicht verdient habe, daß man ihm Ehrensäulen setze, und noch bis auf heute ist das Postament, auf welchem sein Bild stehen sollte, allein leer, eine ehrenvollere Auszeichnung, als die ver- goldeten Bildsäulen mancher Fürsten. Als er die Landescollegien von Ungarn aus Preßburg nach Ofen verlegt hatte, wollten ihm die Einwohner dieser Stadt eine Ehrensäule errichten. Er aber lehnte es mit folgenden Worten ab: „Daß ich zur bessern Uebersicht der Reichsämter dieselben in Ofen ver- einigt, und hierdurch der Stadt zufällig einige Vortheile verschafft habe, das verdient in der That eine solche Ehre nicht. Wenn ich es jedoch einmal dahin werde gebracht haben, daß die Ungarn die wahren Verhältnisse zwischen dem Könige und den Unterthanen allgemein anerkennen; wenn ich alle geistliche und weltliche Mißbräuche werde abgestellt; wenn ich Thätigkeit und Industrie werde geweckt, den Handel in Flor gebracht, das Land von einem Ende bis zum andern mit Straßen und schiffbaren Canälen versehen haben, wie ich es hoffe, wenn dann die Nation mir ein Monument errichten will, dann möchte ich es vielleicht verdient haben, und dann werde ich es auch mit Dank an- nehmen." — Trotz dieser sich aufopfernden Liebe für seine Unterthanen entstand unter allen Ständen Unzufriedenheit, Abneigung und zum Theil selbst Haß gegen Joseph, der so unglücklich war, durch jede neue Verordnung, wenn sie auch noch so gut gemeint war, die Leute gegen sich aufzubringen. So verbot er, damit nicht so vieles Geld für unnütze Waaren aus dem Lande ginge, alle fremde Fabrikate, mehrere ausländische Eßwaaren, und alle fremde Weine. Wer dergleichen für seinen Haushalt bedurfte, erhielt zwar die Erlaubniß, sie einzuführen, mußte aber eine hohe Abgabe zahlen. Um durch sein Beispiel voranzugehen, schenkte Joseph alle seine in den Hofkellern befindlichen aus- ländischen Weine an das Krankenhospital, und begnügte sich mit inländischen. Wurden fremde Waaren entdeckt, so ließ er sie öffentlich verbrennen. Dies geschah mehrmals, selbst für 10—15,000 Gulden mit einem Male. Ueber diese Verordnung beklagte sich das ganze Land; aber die inländischen Fa- briken hoben sich, und viel Geld wurde erspart. Die große Unzufriedenheit mit Josephs raschen Verbesserungen ging end- Nvss. Weugesch. 3. Th. qn jqeo' ' for in ’Schulde!*»'- Braunaciivsfeig Schulbuchbibliouiök
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