1866 -
Münster
: Coppenrath
- Autor: Welter, Theodor Bernhard
- Auflagennummer (WdK): 24
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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ging sogleich zum Könige und forderte, den frechen Hirtenknaben
zu bestrafen.
Der König ward zornig und ließ den. Hirten rufen sammt
seinem Sohne. „Wie hast du dich unterstehen können," fuhr
er den Cyrus an, „so schmählich den Sohn eines Mannes zu
behandeln, der bei mir in großen Ehren steht?" — „O Herr,"
antwortete Cyrus freimüthig, „dem ist nichts als sein Recht
geschehen. Die Knaben des Ortes, unter welchen auch dieser
war, hatten mich beim Spiele zum Könige ernannt. Die
anderen alle thaten, was ihnen geboten war; der aber war
ungehorsam und machte sich gar nichts aus mir. Dafür hat
er seinen Lohn empfangen. Hab' ich darum Strafe verdient,
wohlan, hier bin ich!"
Als der Knabe so sprach, schöpfte Aschiges sogleich Verdacht.
Die edele Haltung, die Gesichtszüge, welche die auffallendste
Aehnlichkeit mit denen seiner Tochter hatten, und das Alter,
welches mit der Zeit der Aussetzung zusammentraf, Alles be-
stärkte ihn in dem Verdachte, der Knabe d-a sei der Sohn seiner
Tochter. „Wer hat dir den Knaben gegeben?" fuhr er den
Hirten an. Der gestand vor Angst Alles. Jetzt zürnte der
König dem Harpagus und gebot den Lanzenträgern, ihn zu
rufen. Und als Harpagus vor ihm stand, fragte ihn Astyages
mit anscheinender Freundlichkeit: „Lieber Harpagus, auf welche
Art hast du doch um's Leben gebracht meiner Tochter Sohn,
den ich dir damals übergab?" Harpagus erschrak. Und als
er auch den Hirten selbst gewahrte, so konnte er nicht mehr
zweifeln, daß das Geheimniß verrathen sei und erzählte aus
Furcht die Sache gerade heraus. Astyages verbarg seinen
Zorn. Er stellte sich, als wäre er froh über die glückliche
Erhaltung des Knaben und gab ein Freudenmahl. „Auch du
mußt mit mir zu Tische sitzen," sprach er zu Harpagus; „zuvor
aber schicke dein Söhnchen her, daß es mit dem Cyrus spiele."
Da sreuete sich Harpagus und schickte sein Söhnchen hin.
Das arme Kind! Sie nahmen es, schlachteten und kochten es