1861 -
Münster
: Coppenrath
- Autor: Welter, Theodor Bernhard
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Die Stadt war mit einer doppelten Mauer umgeben, die von
solcher Dicke war, daß ein Wagen mit vier Pferden bespannt
ohne Gefahr auf ihr fahren konnte. Vierhundert fünfzig geschickt
vertheilte Thürme dienten zu noch größerer Befestigung. Mit
Einschluß der ans den benachbarten Gegenden Geflüchteten stieg
die Besatzung ans sechs- bis siebentausend Reiter und fnnfzehn-
bis zwanzigtauscnd Fußgänger. Doch nichts hielt die Kreuz-
fahrer ab, die Belagerung zu unternehmen. Es vergingen hiemit
mehrere Monate, ohne daß man das Geringste gewonnen hatte,
und die Noth im Lager wurde täglich größer. Die Preise der
Lebensmittel stiegen zu einer unerschwinglichen Höhe. Acrinere
nährten sich schon von Leder, Baumrindm und anderen wider-
natürlichen Sachen und starben sogar vor Hunger. Von sieben-
zigtausend Pferden waren nur noch zweitausend, die nicht um-
gekommen oder verzehrt worden waren, vorhanden. Regengüsse
durchnäßten die Zelte, und die Pilger starben in solcher Menge,
daß beinahe der Raum fehlte, sie zu begraben. In solchem Ueber-
maße von Unglück aller Art sank Vielen gänzlich der Muth,
mehrere suchten zu entschlüpfen. Selbst Peter der Einsiedler
verzweifelte an dem Gelingen der Unternehmung und floh feige
davon; er wurde aber von Tankred auf der Flucht ergriffen und
zu seiner nicht geringen Beschämung in's Lager zurückgeführt.
Dazu blieb von allem, was int christlichen Lager vorging, den
Türken nichts verborgen. Kundschafter gingen ans und ein. Als
die übrigen Fürsten hiegcgen kein Mittel ausfindig zu machen
wußten, trat Bohemund auf und versprach, das Uebel bald zu
beseitigen. Er ließ sogleich — es war zur Zeit des Abend-
essens — zwei gefangene Türken tödten, braten und alsdann
öffentlich ausrufen: jeder Kundschafter solle von nun an gebraten
und verzehrt werden. Das wirkte. Bald verbreitete sich im Mor-
genlande das schreckliche Gerücht, daß die Christen nicht nur erober-
ten, plünderten und mordeten, sondern auch Menschenfresser wären!
In den einzelnen Gefechten, die um die Mauern Antiochias
vorfielen, bewährten die Fürsten einen Muth und vollführten