1861 -
Münster
: Coppenrath
- Autor: Welter, Theodor Bernhard
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gymnasium, Höhere Bürgerschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
152
Ehre Gottes morden könnten. So sehr vergaßen sie in der ersten
Wuth die von Christus gepredigte Duldung und Menschenliebe und
befleckten ihren Ruhm mit den empörendsten Grausamkeiten.
Endlich, als die Rache gestillt und die Raubgier befrie-
digt war; da kehrte christliche Demuth, Bußfertigkeit und from-
mer Sinn in die Herzen zurück. Da reinigten die Pilger sich
vom Blute, entblößten Haupt und Füße und zogen in feier-
licher Prozession singend und betend nach der Auferstehungskirche.
Hier wurden sie von den Geistlichen empfangen, welche mit
tiefer Rührung den Pilgern dankten für die Befreiung der hei-
ligen Stadt aus der Gewalt der Ungläubigen, vor allen aber
Peter den Einsiedler mit Lobsprüchen erhoben. Die Christen
der heiligen Stadt schienen nur Augen für den hochherzigen
Einsiedler zu haben, der sie vor fünf Jahren in ihren Leiden
aufgesucht hatte, und dessen Verheißungen nunmehr so glorreich
in Erfüllung gegangen waren. Sie drängten sich haufenweise
um ihn; an ihn richteten sie ihre Loblieder, ihn priesen sie laut
als ihren Befreier. Sie erzählten ihm, was sie alles während
feiner Abwesenheit gelitten, und konnten cs kaum glauben, was
vor ihren Augen vorging. In ihrer Begeisterung staunten sie
darüber, daß Gott sich eines einzigen Menschen bedient habe,
um so viele Nationen zum Aufbruche zu bringen, und so viele
Wunder geschehen zu lassen. Thränen der Rührung rollten
von den Wangen der Pilger; sie konnten ihr freudetrunkenes
Auge nicht genug laben an den heiligen Reliquien; jegliches
wollten sie sehen, jegliches berühren. Sie beichteten ihre Sün-
den und gelobten Besserung mit lauter Stimme. Gottfried
von Bouillon, der treue Held, ward einstimmig zum Könige
von Jerusalem ausgerufen; er aber lehnte bescheiden diese Würde
ab. Er wollte dort nicht König heißen und eine goldene Krone
tragen, wo einst Christus, der König der Könige, unter einer
Dornenkrone geblutet hatte. Nur den Titel eines Schirmvogtes
des heiligen Grabes nahm er an, waltete jedoch im Uebrigen als
Oberherr und ordnete das junge christliche Reich durch Gesetze.