1861 -
Oldenburg
: Stalling
- Autor: Stacke, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Römische Antike
- Inhalt: Zeit: Antike
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griffen und vor den König geführt, dem er unerschrocken sein
Vorhaben bekannte. Als ihm Porsenna mit Martern drohte,
streckte er, um zu zeigen, daß er alle Drohungen verachte, seine
Rechte in die Flamme des nahestehenden Opferheerdes, ohne
das geringste Zeichen von Schmerz zu vcrrathen. Da verwan-
delte sich des Königs Zorn in Bewunderung; er schenkte dem
Mucius das Leben, und dieser erklärte nun, gleichsam um den
König für seine Milde zu belohnen, daß noch dreihundert rö-
mische Jünglinge sich zu gleichem Zwecke verschworen hätten,
um durch den Tod des Königs ihre Vaterstadt zu befreien.
Mucius, der von dem Verlust seiner rechten Hand den Bei-
namen Scävola (der links ist) erhielt, ward entlassen; der König
aber, der sich von steten Gefahren umringt sah und für sein
Leben fürchtete, ward zum Frieden geneigt, der auch wirklich
zu Stande kam. Er hob die Belagerung aus und verzichtete
auf die Wiedereinsetzung des Tarquinius; die Römer traten
das rechte Tibcrufer an ihn ab, und stellten zehn Jünglinge
und eben so viele Jungfrauen als Geißeln.
Unter diesen Jungfrauen befand sich die edle Clölia.
Sie täuschte die Wächter und schwamm mit den übrigen Jung-
frauen über die Tiber. Vergebens schossen die Feinde ihre
Pfeile auf sie ab: sie kam mit ihren Gefährtinnen glücklich nach
Rom. Aber der römische Consul schickte die Clölia, deren Aus-
lieferung Porsenna dringend verlangte, in das Etruskische Lager
zurück. Der Heldenmuth der Jungfrau erregte des Königs
Bewunderung; er vergab der Clölia und schenkte ihr die Frei-
heit, ja er erlaubte ihr sogar, einige von den römischen Jüng-
lingen, die als Geißeln im Lager waren, mit nach Hause zu
nehmen. Sie wählte die jüngeren, deren zartes Alter am meisten
der Beleidigung ausgesetzt war. Die Römer stellten der Clölia
zu Ehren eine Statue, eine Jungfrau zu Roß, auf.
So war denn auch dieser Versuch des Tarquinius, die
Herrschaft wieder zu gewinnen, mißlungen. Er nahm hierauf
seine Zuflucht zu den Latinern, die er zu einem Kriege gegen
die Römer aufreizte, der im Jahre 496 v. Ehr. zum Ausbruch
kam. Am See Regillus trafen beide Heere auf einander: es