1861 -
Oldenburg
: Stalling
- Autor: Stacke, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Römische Antike
- Inhalt: Zeit: Antike
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auf. Aber auch jetzt legten die Decemvirn ihr Amt nicht nieder,
sondern mißbrauchten es zu Gewaltthätigkeiten gegen das Volk,
besonders gegen diejenigen Plebejer, die ihrer Herrschaft gefähr-
lich schienen'. Damals waren Aequer und Sabiner in die
römische Landschaft eingebrochen, und die Decemvirn führten
zwei Heere in das Feld. Beide aber wurden durch die Schuld
der Soldaten, welche absichtlich und den Decemvirn zum Trotz
allen Erfolg vereitelten, geschlagen. Als der erste Schreck vor-
über war und von Rom Verstärkungen anlangten, rückte das
eine Heer in das Gebiet der Sabiner vor. In diesem befand
sich ein alter Hauptmann, S i ein ins Dendatus; in 120
Schlachten hatte er mitgefochten, acht Feinde im Zweikampfe
erlegt und 14 Bürgern das Leben gerettet; 45 Narben schmück-
ten seine Brust, und eine Menge von Bürgerkränzen, goldenen
Ketten, Armbändern und Ehrenzeichen war ihm zu Theil ge-
worden. Dieser Mann murrte laut gegen die Gewaltherrschaft
und ermahnte die Soldaten zu einer zweiten Auswanderung
auf den heiligen Berg, um die verlorenen Rechte wicdcrzuge-
winnen. Die Decemvirn beschlossen seinen Tod. Sie sandten
ihn, begleitet von einer Schaar gedungener Meuchelmörder, in
die Umgegend, um den Platz für ein neues Lager zu suchen.
In einem einsamen Hohlwege überfielen sie den Helden, der so
etwas nicht ahnte. Aber es ward ihnen schwer, den gewalti-
gen Mann zu tödten, und um seine Leiche lagen viele der
Verräther, die er in seiner Nothwehr hinstrcckte, bis er endlich
selbst mitten unter ihnen dahin sank. Die übrigen berichteten
im Lager, Sicinius sei mit einigen seiner Leute in einen Hin-
terhalt der Feinde gerathen und tapfer kämpfend gefallen. Man
eilte hin, seine Leiche zu holen: da wurde der Verrath offen-
bar, denn es lagen keine Feinde, sondern nur Römer um ihn
her. Das Heer drohte Aufstand und wollte die Leiche nach
Rom tragen, ließ sich aber für diesmal noch dadurch beschwich-
tigen, daß die Decemvirn dem Gefallenen ein prächtiges Lei-
chenbegängniß mit allen militairischen Ehren anordneten.
So nachtheilig auch diese That für den Ruf der Deccm-
virn war, so legten diese ihre Gewaltherrschaft dennoch nicht