1861 -
Oldenburg
: Stalling
- Autor: Stacke, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Römische Antike
- Inhalt: Zeit: Antike
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Ansehen und war in seinem Betragen gesprächig, witzig, liebens-
würdig und einnehmend. Treffliche Anlagen des Geistes zeich-
neten ihn aus, so wie eine gediegene Bildung in den griechi-
schen und römischen Wissenschaften. Er war dem Genüsse sehr
ergeben, noch weit mehr aber dem Streben nach Ruhm, uner-
sättlicher Ehrgeiz war die glühendste Leidenschaft seiner Seele.
In seiner Jugend war er zu Ausschweifungen geneigt, erst in
späteren Jahren offenbarte er seinen Hang zu blutiger Grau-
samkeit. Fast in allen Stücken war Sulla dem Marius un-
ähnlich, nur in maßloser Nuhmgier waren beide Männer ein-
ander gleich. Schon seit dem Ende des Jugurthinischen Krie-
ges, wo Sulla dem Marius die Ehre, sich der Person des
Jugurtha zu bemächtigen, entrissen hatte, lebten beide in bitte-
rer Feindschaft, jetzt bot aber der Krieg gegen Mithridates die
Veranlassung zu einer Eifersucht zwischen Sulla und Marius,
die den römischen Staat in das Unheil bürgerlicher Kämpfe
stürzte.
Mithridates, König von Pontus, einem Lande an der
Südküste des schwarzen Meeres, war ein Mann von unge-
wöhnlichen Eigenschaften. Körperlich ungemein stark und ab-
gehärtet gegen alle Beschwerden, kühn und rastlos in Gefahren
und Wagnissen, enthaltsam im Sinnengenuß, wilden, unbeug-
samen Sinnes, doch nicht ohne alle Großmnth, dabei von
großem Verstand und außerordentlichem Gedächtniß, herrsch-
süchtig, mißtrauisch und grausam, war er ein unversöhnlicher,
erbitterter Feind der Römer. Nicht zufrieden mit seinem Reiche
Pontus, erweiterte er seine Macht durch Eroberung anderer
Staaten Kleinasiens, wobei ihm der Umstand zu großem Vor-
theil gereichte, daß er, der zweiundzwanzig asiatische Sprachen
redete, mit jedem Volke in seiner eigenen Sprache unterhandeln
konnte. Er hatte die Absicht sich zum Herrn von Asien zu
machen. Schon hatte er einen römischen Feldherrn, den Ma-
nius Aquillius geschlagen, und als er ihn in seine Gewalt
bekommen, gefesselt ans einem Esel durch die Städte Kleinasiens
führen und ihm zuletzt geschmolzenes Gold in den Hals gießen
lassen, um in ihm die römische Habgier zu strafen. Mit Freuden