1868 -
Oldenburg
: Stalling
- Autor: Stacke, Ludwig
- Auflagennummer (WdK): 7
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Griechische Antike
- Inhalt: Zeit: Antike
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Vil
Lykurgos.
(888 v. Chr.)
Achtzig Jahre nach dem Trojanischen Kriege (1104 v. Chr.)
zogen die Dorier, ein tapferes Bergvolk der kleinen Landschaft
Doris, die sich für Abkömmlinge des Herakles ausgaben, bei
Naupactos über die Meerenge in den Peloponnes und nahmen
diese Halbinsel, die sie als eine von ihrem Ahnherrn Herakles
hintcrlassene Erbschaft betrachteten, in Besitz, nachdem sie die
Nachkommen der Fürsten, die wir aus dein Trojanischen Kriege
kennen gelernt haben, besiegt hatten. Doch wurde die Eroberung
nicht auf einmal vollendet, vielmehr wehrten sich die Ueberreste
der älteren Bevölkerung noch Jahrhunderte lang gegen die sieg-
reichen Dorier. Diese theilten sich in das Land, und so ent-
standen im Peloponnes mehrere Reiche, von denen Sparta, Messe-
nien und Argos die bedeutendsten waren. In Sparta ging der
Name dieser Stadt auf die Sieger über, die sich Spartaner
nannten, während die unterworfenen Einwohner Lacedämonier
hießen. Diejenigen, welche lange Widerstand geleistet hatten, ge-
riethen in Sclaverei und wurden Heloten genannt. Sie mußten
den Spartanern die Felder bauen und hatten ein hartes Loos.
In Sparta regierten immer zwei Könige zugleich; doch riß
im Lause der Zeit eine so große Verwirrung und Gesetzlosigkeit
ein, daß einst der König Eunomos in einem Aufruhr mit einem
Messer ermordet wurde. Es folgte ihm sein Sohn Polydektes,
und da auch dieser bald starb, übernahm Lykurgos die Re-
gierung. Als aber die Gemahlin des verstorbenen Königs einen
Knaben gebar, so trat er diesem die Regierung sogleich ab und
betrachtete sich nur als Vormund des unmündigen Königs, ob-
schon ihm die Königin den Vorschlag gemacht hatte, das Kind
heimlich zu tobten, wenn er sie heirathen und König bleiben
wollte. Doch Lykurgos verschmähte diesen Antrag und ließ den
Knaben gleich nach der Geburt durch seine Diener zu sich brin-
gen. Er saß gerade mit angesehenen Spartanern beim Mahle,
als ihm das Kind gebracht wurde. Sogleich stand er auf, und
zeigte den Anwesenden das Kind mit den Worten: „Spartaner,
ein König ist euch geboren!" Da Alle darüber erfreut waren.