1861 -
Freiburg
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Bürgerschule, Gymnasium, Realschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Geschichte der neueren Zeit.
weil sie die Kindertaufe verwarfen und nochmals tauften, hieß man sie
Wiedertäufer. Dieses Wesen, zu dem Thomas Münzer den
Anstoß gegeben hatte, breitete sich von Zürich, St. Gallen und
Basel über Schwaben, Franken, Bayern, Thüringen und
Sachsen bis in die Niederlande aus, und war mit wildem Fana-
tismus und Ausschweifungen aller Art begleitet. Vergebens schrie-
den, predigten und disputierten die Reformatoren, die Wiedertäufer blie-
den bei ihrem Glauben, bis die weltlichen Obrigkeiten (hierin stimmten
protestantische und katholische überall zusammen) die Anführer durch
Schwert, Strick oder Ersäufung aus der Welt schafften und den An-
hang durch etwas weniger starke Maßregeln bekehrten.
s 40. Im westfälischen Münster stellten die Wiedertäufer wirk-
lich eine Probe ihres heiligen Staates auf. Die Stadt hatte ihren
1532. Fürstbischof vertrieben und Luthers Lehre angenommen, entschied sich
aber bald darauf für die Lehre der Wiedertäufer und wurde der
Sammelplatz derselben. Man wählte Aelteste der Gemeinde, übergab
ihnen alles Gold und Silber, sie aber wiesen jedem seine Arbeit an,
vertheilten Gewand und Schuhe, und ordneten gemeinschaftliche Mahl-
zeiten an. Sie schlugen die Angriffe der fürstbischöflichen Truppen
zurück und machten kühne Ausfälle; wer aber in der Stadt gegen sie
sprach, wurde hingerichtet oder vertrieben. Es gab viele vom Geiste
Ergriffene jedes Alters und Geschlechts und mehr als einen Prophe-
ten. Der vornehmste wurde jedoch Johann Bokhold von Ley-
den, früher ein lüderlicher Musikant und Schneider, der eine Offen-
barung erhielt, daß er in Münster und später überall König der Ge-
rechtigkeit werden solle; er wurde in der That König in Münster und
schickte zwölf Apostel aus, die aber sämmtlich festgenommen und hinge-
richtet wurden. Zuletzt wurde Münster von den westfälischen Kreis-
truppen eingeschlossen, ausgehungert und durch einen nächtlichen Angriff
2t. Juni mit Verrätherhilse in hartem Kampfe genommen, der König der Ge-
io35. xxchtigkeit und seine ersten Diener nach grausamer Folter hingerichtet.
Äic Türkennoth.
§ 41. Während in Deutschland die Zwietracht sich fortwährend
steigerte, und Karl V. den schweren Kampf mit der französischen Macht
an den Pyrenäen, dem Po und der Maas ausfocht, drangen von Osten
her die Türken an der Donau so weit vor, als viele Jahrhunderte
früher die Awaren, ihre Stammverwandten, deren Verwüstungen der
erste Kaiser, der große Karl, so hart gestraft hatte. Mohammed Ii.,
ji der Eroberer Konstantinopels, ließ 1480 Rhodus vergeblich mit
reg'?^ii8i großer Macht angreifen, sein Sohn Bajazet Ii. war meistens durch
bis 1512. innere Unruhen beschäftigt, aber S elim I., ein nach orientalischer Weise
Selim j. hochgebildeter, poetisch begabter, kriegskundiger, treuloser und blut-
6ia" 1520. dürftiger Dcspote, machte den Namen der Osmanen furchtbarer als er
je gewesen. Ungarn und die anderen Gränzländer ließ er nur durch
Raubzüge heimsuchen, weil er entschlossen war, vorerst seinem Reiche
eine sichere Grundlage in Asien zu schaffen. Deßwegen bekriegte er
zuerst das neue persische Reich, welches nach der Auflösung der
1500. Monarchie Timurs von dem persischen Scheich Ismael Sofi gegrün-
det und bis Mesopotamien ausgedehnt wurde. Den Osmanen war dieses