1861 -
Freiburg
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Bürgerschule, Gymnasium, Realschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Die Reformation außerhalb Deutschland.
37
eutwaffnete mit Mühe den Zorn ihres königlichen Eheherrn, den sie
durch ihren Zweifel au dessen theologischer Unfehlbarkeit erregt hatte.
§ 93. Heinrich Viii. überlieferte jedoch nicht nur ihm mißfällig
gewordene Weiber und Günstlinge dem Henkerbeile, sondern wüthete
gleichzeitig gegen Katholiken und „Sektierer", nur mit dem Unter-
schiede, daß er die ersten in der Regel köpfen oder hängen, die anderen
verbrennen ließ; der gegenseitige Haß der beiden Glaubeusparteien
arbeitete ihm dabei in die Hände, denn die eine diente ihm zuvorkom-
mend gegen die andere, wie er es gerade wünschte. Die päpstliche
Bannbulle brachte 1538 die Familie der Pole und Kourteuay, die
letzten Sprößlinge des Hauses Aork, auf das Blutgerüst, weil sie mit
dem Kardinal Pole einer Verschwörung gegen den König schuldig seien
(1539); Geofsry Pole wurde zur Verbannung begnadigt, weil er
aus Todesfurcht gegen die Seinigen Zeugniß ablegte, da aber der
Kardinal nicht in die Gewalt des Königs zu bringen war, so ließ er
dessen 70jährige Mutter enthaupten (1541). Mit den anderen Re-
formatoren konnte er sich niemals befreunden, er versorgte dagegen das
englische Volk mit einem eigenen Glaubensbekenntnis die „Artikel" betitelt,
das 1539 durch die „sechs Artikel" ersetzt wurde, welche unter dem
Namen der Blutartikel bekannt sind, weil sie zur Verfolgung der
Protestanten und Katholiken gleich wohl paßten; ferner mit einem
„gottseligen und frommen Unterricht für einen jeden Christen", zuletzt
mit dem sogenannten „Königsbuch" oder „notwendige Lehre und Un-
terricht für jeden Christen", womit das Maß der Rechtgläubigkeit end-
giltig vorgeschrieben war.
§ 94. Im Jahr 1545 begann er im Bunde mit dem Kaiser noch
einmal einen Krieg mit Frankreich, führte denselben aber ohne großen
Ernst; er starb am 28. Januar 1547, im 56. Lebensjahre, nachdem
er einige Tage vorher den Sohn des Herzogs von Norfolk hatte hin-
richten und den Vater zum Tode verurtheilen lassen. Die Zahl der
von dem König während seiner Regierung verhängten Todesurtheile
berechnet man auf 72,000; sie trafen neben so vielen andern minder
angesehenen Personen: 2 Königinen, 2 Kardinäle, 12 Herzoge und
Earls, 18 Barone und Ritter, 77 Aebte und Prioren.
Eduard Vi. (1547-1553).
§ 95. Für diesen neunjährigen Monarchen regierte ein Regent-
schaftsrath, in welchem Lord Somerset (ein Seymour, also Ver-
wandter des königlichen Knaben) alles vermochte. Durch das Par-
lament wurde die Reformation des verstorbenen Königs refor-
miert, die Blutartikel abgeschafft, in 39 Artikeln ein neues Glaubens-
bekenntniß gegeben, ferner ein Katechismus, ein Homilienbuch, ein
allgemeines Gebet- und Ritualbuch, aber das Episkopalsystem
und einige Gebräuche der katholischen Kirche beibehalten (anglikanische
Staatskirche oder Hochkirche). Als Lord Somerset gestürzt und hin-
gerichtet war, beherrschte Lord Northumberland den kranken König 1552.
und bewog diesen, daß er seine beiden Schwestern Maria und Eli-
sabeth der Thronfolge für unfähig erklärte und sie der Johanna
Gray, der Enkelin von Heinrichs Viii. jüngerer Schwester Maria, zu-
sicherte, welche mit Northumberlands jungem Sohne vermählt war.