1861 -
Freiburg
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Bürgerschule, Gymnasium, Realschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
54
Geschichte der neueren Zeit.
Verulam, der berühmte englische Philosoph einer späteren Zeit,
spendete ihnen alles Lob.
Viertes Kapitel.
Der dreißigjährige Krieg (1618—1648).
§ 136. Die Ermordung Heinrichs Iv. von Frankreich hatte die
Koalition gegen die beiden habsburgischen Monarchieen nur sür den
Augenblick gelähmt, ihre Feindschaft aber keineswegs entwaffnet, daher sie
nur auf gute Gelegenheit zu einem Schlage lauerte. Diese zeigte sich
bald. Da weder Kaiser Mathias noch dessen Brüder Söhne hatten,
so wurde Erzherzog Ferdinand von Steyermark durch Fami-
lienpakt als Erbe aller österreichischen Lande designiert und auch als
künftiger König von Böhmen zu Prag gekrönt, nachdem er die
1617. Landesstatute beschworen hatte. Allein in Böhmen bestand eine Partei,
welcher der größere Theil der Aristokratie angehörte, die das Haus
Habsburg vom Throne ausschließen und einen fremden Fürsten als
König aufstellen wollte, um sich selbst der Herrschaft über das Land zu be-
mächtigen, wie es dem polnischen Adel gelungen war, und der fran-
zösische, dänische, schwedische versuchte. Die Ausführung schien nicht
schwer, denn Ferdinand war den Protestanten in den österreichischen
Erblanden wegen seiner in Steyermark durchgeführten Gegenreforma-
tion verhaßt, im Osten drohte der von den Türken unterstützte Fürst
Bethlen Gabor von Siebenbürgen, im Süden war Venedig
feindselig gesinnt, in Deutschland selbst durste jeder Feind Oester-
reichs auf Unterstützung von Seite der Union rechnen, während sie in
Verbindung mit Savoyen, Frankreich und Holland es dem Könige von
Spanien unmöglich zu machen schien, seinem Blutsverwandten in
Oesterreich zu Hilfe zu kommen.
§ 137. Die Veranlaffung zum offenen Bruche war bald gefunden;
der Erzbischof von Prag ließ eine neu erbaute protestantische Kirche
zu Klostergrab schleifen, der Abt von Braunau eine andere
schließen (Ende 1617). Darüber erhob sich von Seite der Protestan-
ten laute und allgemeine Klage wegen Verletzung des Majestätsbriefes
durch die beiden geistlichen Herren, während diese hinwieder gerade aus
dem Majestätsbriefe beweisen wollten, daß sie lediglich nach den ihnen
zustehenden Rechten gehandelt hätten. Nach dem Majestätsbriefe und
dem sogenannten Vergleiche konnte jeder Bewohner Böhmens ohne
Unterschied des Standes sich zu dem katholischen oder protestantischen
Glauben bekennen, das Recht zum Kirchenbau aber stand den Edelleuten
aus ihren Gütern zu, den königlichen Städten und den Bewohnern
königlicher Güter. Die Protestanten behaupteten in dem wegen Brau-
nau und Klostergrab entstandenen Streite, es seien in dem Vergleiche
von 1609 unter den königlichen Gütern auch die geistlichen Güter be-
griffen, die Katholiken dagegen beriefen sich auf den buchstäblichen In-
halt der Urkunde, in welcher allerdings die geistlichen Güter nicht aus-