1861 -
Freiburg
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Bürgerschule, Gymnasium, Realschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Die englische Revolution und das Zeitalter Ludwigs Xiv. 89
sichert gegen jeden Angriff und allen einzelnen Nachbarstaaten weit über-
legen, so daß sie nur durch Allianz sich der französischen Uebermacht er-
wehren zu können hoffen durften.
Ludwigs Xiv. Haltung gegen die Kirche und die Hugenotten.
K 232. Der despotische Charakter Ludwigs Xiv. offenbarte sich
auch der Kirche gegenüber; der König dehnte das von dem päpst-
lichen Stuhle seinen Vorfahren eingeräumte Recht, die Einkünfte er-
ledigter Kirchen zu beziehen und dieselben neu zu besetzen, auf ganz Frank-
reich aus und ließ 1682 durch eine Synode des französischen Klerus
die vier Artikel der sogenannten gallikavischen Freiheiten
aufstellen, durch welche die Ausübung der päpstlichen Rechte in Frank-
reich, besonders der Gerichtsbarkeit, von der Genehmigung des Königs
abhängig gemacht wurde. Daher wurden diese Artikel von dem Papste
nie anerkannt und auch in Frankreich nie durchgeführt.
§ 233. Dessenungeachtet wollte Ludwig als Beschützer des katho-
lischen Glaubens gelten. So ließ er z. B. in den Friedensschluß von
Ryswik einen Artikel aufnehmen, daß in allen Orten, welche dem deut-
schen Reiche zurückgegeben wurden, die während der französischen Okku-
pation wieder eingeführte katholische Religion nicht unterdrückt werden
dürfe. Dies galt vornehmlich der Rhein Pfalz, wo Ludwig die
Städte und Dörfer mit den Domen und Kirchen hatte niederbrenuen
lassen. In der zweiten Hälfte seiner langen Regierung traf seine Un-
gnade die Hugenotten. Zuerst befahl er zu deren Bekehrung die
Anwendung gütlicher Mittel; als diese nichts fruchteten, entzog er ihnen
einzelne Rechte und endlich gab er den Missionären Dragoner zur Dragonaden.
Begleitung, welche durch brutale Gewalt und durch die Last der Ein-
quartierung den Predigten nachhalfen. Endlich hob er das Edikt von Aufhebung
Nantes förmlich auf und verbot den Hugenotten die Ausübung ihres ^ ^kts
Gottesdienstes, eröffnete also diesseits des Kanals eine Hugenottenver- am 22 Okto-
folgung, während jenseits desselben, in Irland und England, eine der 1685.
noch wildere Katholikenverfolgung sich vorbereitete. Obwohl die Aus-
wanderung strenge verboten war, so entflohen doch über 200,000 Hu-
genotten nach England, Holland, in die Schweiz und die protestanti-
schen deutschen Staaten, im Sevennengebirge aber leisteten die Huge-
notten einen so hartnäckigen Widerstand, daß ihnen zuletzt doch die Krieg der
Uebung ihrer Religion zugestanden werden mußte. Kannsarden.
Das Jahrhundert Ludwigs Xiv.
§ 234. Ludwig drückte seinen Stempel einer Periode von wenig-
stens 100 Jahren auf, denn die Fürsten betrachteten ihn als das
Ideal eines Herrschers und ahmten ihn, mit wenigen Aus-
nahmen, so gut cs gehen mochte, in ihren Kreisen nach. Eine Be-
schränkung der königlichen Gewalt duldete er nicht und handelte, als L’état c’est
ob ganz Frankreich sein Eigenthum wäre. Er verschwendete hunderte "wi.
von Millionen für Bauten, Feste, Lüste und Günstlinge, brauchte
noch viel mehr für seine Kriege und seine großen stehenden Heere.
Aber dabei begründete er doch die Uebermacht der französischen Nation,
ihren Stolz und militärischen Geist, förderte Gewerbe und Handel und
unterstützte Kunst und Wissenschaft mit königlicher Freigebigkeit. Unter