1861 -
Freiburg
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Bürgerschule, Gymnasium, Realschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Rußland und Preußen kommen empor.
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denkönig näherte sich endlich durch seinen Minister, den kühnen und ge-
wandten Holsteiner Baron Görz, dem Czaren und leitete mit ihm
ein Bündniß ein, welchem der spanische Minister Alb ero ni, der sich
gleichfalls mit kühnen Planen für die Erhebung Spaniens trug, seine
Mitwirkung zusagte. Peter sollte Jngermanland und Esthland behal-
ten , Karl aber Norwegen erobern dürfen und von da aus den König
Georg I. von England, aus dem Hause Hannover, durch die Unter-
stützung der Stuarte stürzen. Wirklich fiel Karl in Norwegen ein,
wurde aber im Laufgraben vor Frede ri ksh all am 11. Deccmber
1718 erschossen. Neuere Untersuchungen sollen bewiesen haben, daß
Karl keineswegs durch Mörderhand, sondern durch eine feindliche Kugel
fiel, der Argwohn des schwedischen Volkes war aber jedenfalls durch das,
was nach des Königs Tod geschah, ein berechtigter. Sogleich nämlich
hoben die Oberoffiziere die Belagerung der Festung auf, vertheilten die
Kriegskaffe unter sich und kehrten mit der Leiche des Königs heim,
während eine andere Heeresabtheilung auf dem Rückzuge von Dront-
heim größtentheils erfror. Die Reichsstände riefen nicht den zum
Throne berechtigten Herzog Karl Friedrich von Holstein-Got-
torp, den Sohn von Karls älterer Schwester als König aus, sondern
erhoben seine jüngere Schwester Ulrike Eleonore und deren Gemahl,
den Prinzen Friedrich von Hessen-Kassel, auf den Thron, wo-
für diese so viele Rechte der Krone Preisgaben, daß die schwedische
Verfassung zu einer Oligarchie mit einem König an der Spitze umge-
schaffen wurde; Karls Freund und Minister Görz wurde unter gericht-
lichen Formen gemordet.
§ 246. Hierauf wurde von 1719—1721 Friede mit den feind-
lichen Mächten geschloffen. Dänemark durfte dem Herzog von Hol-
stein-Gottorp Schleswig entreißen und gab dafür alle Eroberungen
zurück; Georg von Hannover behielt für 1 Million Thaler Bremen
und Verden, Friedrich Wilhelm I. von Preußen für 2millio-
nen Thaler Stettin und Vorpommern bis an die Peene sammt
Usedom und Wollin; August wurde als König von Polen an-
erkannt; der Czar entschädigte Schweden für Jngermanland, den
größten Theil Kareliens, Esthland und Livland mit 2 Millionen
Thaler.
Peter erbaut Petersburg und Kronstadt.
§ 247. Schon 1703, während des Kriegs mit Karl Xu., begann
Peter an der Newa in Jngermanland, also auf einem Boden, der von
Schweden noch nicht abgetreten war, den Bau von St. Petersburg
und setzte ihn mit ungeheurer Anstrengung bis an seinen Tod fort. Erbe-
stimmte Petersburg zur Residenzstadt, und da es an der schwedischen Gränze
lag, so waren seine Nachfolger angewiesen, zu ihrer eigenen Sicherheit
den Rest von Karelien und Finnland zu erobern. Er legte auch
den unangreifbaren Kriegshafen von Kronstadt an und baute
eine mächtige Kriegsflotte; denn er strebte nach der unbestrittenen
Herrschaft über die Ostsee, wodurch er Schweden, Dänemark und das
nordöstliche Deutschland seinem Einflüsse zu unterwerfen gedachte.