1861 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Weber, Georg, Schröer, Tobias Gottfried
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Töchterschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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auch Städte, welche sich zu der gleichzeitig von Zwingli in der Schweiz
bisher verkündigten Lehre bekannten. Noch andere Städte, wie Köln,
Frankfurt, Ravensburg und Rottweil, wollten sich der Protestation
anschließen, aber die römischen Agenten ans dem Reichstage, namentlich
Fab er und Leonhard Eck, wußten es zu verhindern. Die protestirenden
Fiirsten und Städte fertigten daraus eine Gesandtschaft an den Kaiser ab,
um ihm die Gründe vorzulegen, welche sie zu dem gethanen Schritte ge-
zwungen hätten, und ihn um Schutz für ihre Rechte aufznrufen. Diese
Gesandtschaft fand eine höchst ungünstige Aufnahme; Karl ließ sie sogar
verhaften; denn schon hatte er mit dem Papste den Vertrag zu Barcel-
lona, und mit dem Könige Franz den Frieden von Cambray abge-
schlossen, wobei die Unterdrückung der evangelischen Lehre und Partei, selbst
mit Anwendung der Gewalt, als ein Hauptpunkt festgestellt war.
Solche Nachrichten gaben den evangelischen Fürsten die Ueberzeugnng,
daß sie das Schlimmste zu erwarten hätten, wenn der Kaiser nach Deutsch-
land kommen würde. Die einzige Hülse und Abwendung der drohenden
Gefahren schien in dem Abschluß eines Bündnisses aller evangelischen
Fürsten und Stände zu liegen und Landgraf Philipp, der schon in
Spei er mit dem Kurfürsten Johann, so wie mit den Städten Nürn-
berg, Straßburg und Ulm einen Bund zu gegenseitiger Vertheidignng
angeregt und abgeschlossen hatte, war auch jetzt für die Bnndessache uner-
müdet thätig. Es kam ihm besonders darauf an, auch die Bekenner der
schweizerischen Reformation in den Bund aufzunehmen, aber hier trat ihm
Luther's Glaubensstrenge entgegen; eine Verbindung mit den Anhängern
Zwingli's, die Luther wegen ihrer freieren Auslegung der Einsetzungs-
Worte im heiligen Abendmahle mit dem Namen „Sakramentirer"
belegte, hielt dieser dem reinen evangelischen Glauben gefährlich, überdies
besorgte er den Ausbruch eines Krieges gegen den Kaiser; Krieg aber
wollte er von der Religionssache ein- für allemal fern gehalten wissen.
Vergebens bemühte sich der Landgraf, ein Einverständniß zwischen
Luther und Zwingli herbeizusühren. Eine Zusammenkunft der beiden
Reformatoren in Marburg 1529 konnte die gewünschte Vereinigung nicht
bewirken. Die beiden Auffassungen waren in ihrem Grunde eben so tief
verschieden, wie die Naturen der Männer selbst; der eine ganz religiös-
gemüthlich, der andere politisch-praktisch. Beide strebten nach demselben
Ziel, aber sie mußten verschiedene Wege einschlagen; und ohne sich ver-
binden zu können, ergänzten sie sich gegenseitig. Doch milderte das
Marburger Gespräch die heftige Erbitterung, mit der sie sich bisher durch
Schriften bekämpft hatten, und man verständigte sich endlich über vierzehn
Artikel, die man als gegenseitig verglichen ansehen sollte; — aber schon
damals gab es auch Eiferer, die noch evangelischer als Luther selbst sein
wollten, so daß Luther mit anderen ihm beistimmenden Theologen die
Artikel sogar überarbeiten mußte. Sie wurden zu siebzehn Artikeln er-
weitert, auf dem Konvente zu Schwabach übergeben (Oktober 1529) und