1861 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Weber, Georg, Schröer, Tobias Gottfried
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Töchterschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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seiner Bilder verkennen, von welchen eine reiche Sammlung in Basel vor-
handen ist.
Lucas Cranach, geboren 1472 und „Cranach" nach seinem Ge-
burtsorte Cronach im Hochstifte Bamberg genannt, lebte in Wittenberg,
wo er seines biedern Charakters und seiner Klugheit wegen zum Bürger-
meister (1537) gewählt wurde. Seine Gemälde und Holzschnitte haben
das volle Gepräge der Wahrheit, und besonders wußte er deu weiblichen
Figuren einen eigenthümlichen Ausdruck von Unschuld, stiller Innigkeit
und jungfräulicher Anmuth zu verleihen. In vielen alten Kirchen der
jetzigen preußischen Provinz Sachsen, z. B. in Wittenberg, Naumburg,
Torgau, Mansfeld, Merseburg und Nordhausen, hat er seinem Ruhme
durch Altargemälde Denkmäler gesetzt. Außerdem finden sich Gemälde
von seiner Hand in den Kirchen und Gallerten in Berlin, Dresden,
Glogau, Innsbruck, Leipzig und Nürnberg. Er war Luther's innigster
Freund und eifrig beflissen, dessen Verfolger und Feinde mit satyrischen
Zeichnungen zu verspotten. Die Kurfürsten von Sachsen liebten ihn, und
er vergalt diese Anhänglichkeit mit unverbrüchlicher Treue. Als Lucas
Cranach mit Johann Friedrich nach der Schlacht bei Mühlberg ge-
fangen wurde, ließ Kaiser Karl V. ihn vor sich kommen, und indem er
sich erinnerte, daß Lucas ihn dereinst in Brüssel, als er noch Knabe war,
gemalt habe, hieß er ihn, sich eine Gnade auszubitten. Da fiel der alte
Mann auf seine Kniee und bat mit weinenden Augen um die Freilassung
seines gefangenen Herrn. Der Kaiser war gerührt und sprach: „Du
wirst hören, daß ich Deinem Herrn werde Gnade widerfahren lassen."
Auf die Einladung des Kaisers, künftig an seinem Hofe zu leben, erwi-
derte der alte Meister: „Wie könnte ich jetzt von dem Fürstenhause, wo
ich 54 Jahre in frohen Zeiten gelebt habe, in den Tagen der Trübsal
weichen?" Er bat sich vielmehr die Erlaubniß aus, seinem gefangenen
Herrn folgen zu dürfen. Karl bewilligte es, und sandte ihm eine silberne
Schale voll Dukaten. Lucas nahm nicht mehr davon, als er mit zwei
Fingern fassen konnte, und ließ dem Kaiser höflich danken. Er blieb nun
bei dem Kurfürsten Johann Friedrich und erlebte den Tag seiner Be-
freiung, worauf er mit dem Fürsten nach Jena zog und bald darauf (1553),
81 Jahre alt, sauft und selig verschied.
Albrecht Dürer (1471 —1548), ein ernster, tief denkender
Künstler, gleich Lucas Cranach der evangelischen Lehre von Grund des
Herzens ergeben, voll Reichthum der Ideen und Phantasie, unvergleich-
lich in der zartesten Feinheit und Gewissenhaftigkeit, mit welcher er seine
Gemälde ausführte. Historisch-biblische Darstellungen und Portraits
wurden von ihm mit gleicher Liebe ergriffen. Seine edle Vaterstadt,
das kunstsinnige Nürnberg, besitzt mehrere seiner vorzüglichsten Werke,
und hält das Andenken des großen Künstlers und Mitbürgers in hohen
Ehren.