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1. Neuere Geschichte - S. 385

1861 - Leipzig : Brandstetter
385 war genug, um daraus die Folgerung abzuleiten, daß durch die Entstehung vieler neuen akatholischen Gemeinden ganze katholische Pfarreien eingehen, viele Geistliche und Bischöfe in ihren Einkünften stark geschmälert wurden. So entstand ein Zusatz zu dem Toleranzgesetze des Inhalts: daß die protestantischen Pfarrkinder außer der Erhaltung ihres Seelsorgers (dem der Name eines Pfarrers versagt wurde) dem katholischen Pfarrer des Ortes alle Kirchengebühren wie früher bezahlen müßten. Zu diesen Be- schränkungen, welche nach der Verschiedenheit der betreffenden geistlichen Behörde oft milder, oft härter sich gestalteten, kamen mit der Zeit noch manche andere hinzu, und da die Neigung der östreichischen Völker zum Protestantismus so stark war, daß ganze Dörfer und Gemeinden, die bisher aus Zwang katholisch waren, nun öffentlich den evangelischen Glauben bekannten, nahmen die Quälereien und Neckereien kein Ende. Selbst in Ungarn, wo die Religionsfreiheit durch den Wiener und Linzer Frieden gesichert war und die Protestanten von den katholischen Pfarrern unabhängig blieben, fand mit der Zeit eine bemerkbare Bedrückung statt. Was das Duldungsgesetz nicht ausgleichen konnte, sollte eine all- gemeine Aufklärung des Volkes vermitteln, welche Kaiser Joseph, selbst über so viele Vorurtheile erhaben, durch verbesserten Schulunterricht und durch Preßfreiheit aus alleu Kräften zu fördern strebte. Er wollte sein Volk betriebsam, wohlhabend, in allen Kriegs- und Friedenskünsten aus- gezeichnet haben, und errichtete zu diesem Zwecke nicht nur höhere Lehr- anstalten, sondern auch Volksschulen, die bisher selbst in Deutschland noch selten waren. Hier war es, wo er mit freigebigen Händen seine Ersparnisse spendete. Außer den eingezogenen Kirchengütern wurden große Summen zu diesem Zwecke verwendet, und ein Jahrhundert wiegt die zehn Jahre seiner Regierung hinsichtlich des gewaltigen Schwunges nicht auf, welchen Oestreich durch die freie Presse gewann. Joseph's neues Staatsgebäude, so frühe und vereinzelt aus dem Boden der neuen Geschichte erwachsen, ohne die nachhaltige Festigkeit, welche nur die materielle Gewalt einem Jdeenumschwunge dieser Art zu verleihen vermag, durfte leider nicht in seinem ganzen Umfange bestehen. Bald vereinigte sich die Habsucht der Großen mit der Herrschsucht der Geistlichen, um dem edlen Monarchen, welcher gewiß einzig und allein das Heil seines Volkes im Auge hatte, mit gewaltsamem Widerstande entgegenzutreten. Es gelang ihrem heimlichen Einflüsse, einen Theil des Volkes gegen den wohlmeinenden Kaiser aufzureizen. Wie Joseph in seinen Unternehmungen viel zu rasch zu Werke ging, und in wenigen Jahren durch eigene Gewalt, im Uebermaß des edlen Strebens, Dinge ausführen wollte, die nur in mehreren Menschenaltern reifen können, so mußte er selbst gar manchen Schritt zurück thun, bevor die Besserung nur einigermaßen Raum gewonnen hatte. Am meisten war dies in Ungarn der Fall, wo er die alte Verfassung Umstürzen, die deutsche Sprache in Gerichten und Schulen einführen und dieses Reich, gleich einer Provinz, Oeser's Weltgeschichte. Iii. 5. Ausl. 25
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