1860 -
Freiburg
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Bürgerschule, Gymnasium, Realschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Die ältesten Staaten.
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Büßungen vermögen alles über die Götter, das Heil des Landes ruht
also bei ihnen und darum können Fürsten und Geringe kein besseres Werk
thun, als die Brahmanen auf jede Weise zu ehren und zu beschenken.
Die Kshatrijas sind die Krieger; ihrer Kaste gehören die Herrscher an,
deren Gewalt eine despotische ist. Die Vaisjas treiben Ackerbau,
Viehzucht und Handel. Die Sudras endlich sind die Knechte der drei
oberen Kasten. Die Tschandalas im Gangeslande, die Parias an der
Ostküste u. s. w., die Reste der Ureinwohner, gehören zu keiner
Kaste, sie sind unrein und werden deßwegen gemieden.
Religion.
§ 26. So waren die Hindu durch das Kastenwesen gleichsam in
Fesseln geschlagen und wurden vollends durch die Religion niederge-
drückt, welche im Gangeslande von den Brahmanen ausgebildet wurde.
Die ursprüngliche Religion der Arier war eine einfache Naturreligion;
sie verehrten Var una als Gott des obersten Himmels, Indra, den
Gott des untern Himmels, der mit dem Blitze die Wolken zerreißt,
damit sie den befruchtenden Regen ergießen, den Feuergott Hag ui,
die Erde, die Sonne u. s. w. Diese Religion verwandelten die Brah-
manen allmälig in ein System von unzähligen Göttern, das in einer
vollständigen Allgötterei (Pantheismus) aufgeht. Sie lehrten die Wan-
derung menschlicher Seelen in Thierleiber, die Heiligkeit gewisser Thiere,
z. B. der Kuh, sie umspannen das Volksleben mit einem Netze von
religiösen Satzungen und erklärten die fremden Völker als unreine.
8 27. Gegen das Gesetz der Brahmanen erhob sich im sechsten
Jahrhundert v. Ehr. G aut ama, der Sohn des Fürsten von Kapila-
vastu (in Audh). Der Anblick des Nebels, das in seinen Augen auf
allen Geschöpfen, am meisten auf dem Menschen lastet, erschütterte ihn
so, daß er in seinem 29. Jahre seinen Palast verließ. Bei den Brah-
manen suchte er vergebens Belehrung und Trost; er führte darauf das
Leben eines Einsiedlers, unterwarf sich den strengsten Büßungen und
endlich gelangte er zur Erkenntniß der Wahrheit, daher nennen ihn seine
Anhänger Buddha, d. h. den Erleuchteten. Er beseitigte alle brahma-
nischen Götter, ermahnte zur Entsagung und Bändigung der Leidenschaf-
ten, und als höchstes Ziel, das zu erreichen ist, stellte er das Nirvana
hin, d. h. einen Zustand, in welchem man alles Denken und Trachten
von sich weiset und der vollkommenen Ruhe des Sichselbstvergessens ge-
nießt; dann ist die Seele auch von der Wiedergeburt befreit, sie muß
nach dem Tode nicht wieder in einen Leib eingehen und alle Oual des
Erdenlebens noch einmal erdulden. Er muthete zwar nicht jedem zu,
daß er diese Stufe erreiche, verlangte aber von den Fürsten und Reichen
Wohlthätigkeit und Milde, verbot Blutvergießen, Rache und Mißhand-
lung der Menschen und selbst der Thiere und Pflanzen; er verdammte
den Kastenunterschied, gebot seinen Schülern seine Lehre unter den
fremden Völkern zu verbreiten und wurde dadurch in gewisser Hinsicht
der Wohlthäter des östlichen und mittleren Asiens, indem seine Religion
die Sitten roher Völker milderte.
§ 28. Buddha starb 540 v. Ehr., nachdem er zahlreiche Anhänger
gewonnen hatte. Die Brahmanen hatten ihn während seines Lebens
verfolgt und seinen Schülern ging es nicht besser; einen Religionskrieg
Gautama,
der Stifter
des Budd--
haismus.