1860 -
Freiburg
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Bürgerschule, Gymnasium, Realschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Die Griechen.
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wählt werden durste. Der erste Archon, nach welchem das Jahr benannt
wurde, übte die Gerichtsbarkeit in Ehe-, Vormundschaft- und Testament-
sachen; der zweite, König genannt, hatte die oberste Leitung des Kultes;
der dritte, der Polemarchos, hatte zum Kriegswesen wenig mehr
zu sagen, dagegen standen die Metöken (Ansassen) und Fremden in
persönlichen und Familienangelegenheiten unter seiner Gerichtsbarkeit;
die sechs übrigen Archonten, die sogenannten Thesmotheten, präsi-
dierten in den verschiedenen Gerichten und leiteten die Prozesse ein.
8 220. Die zehn Gerichtshöfe wurden aus den über 30 Jahre
alten Bürgern zusammengesetzt (Heliasten), von denen zu diesem Zwecke
jährlich 6000 ausgelooöt wurden; sie wurden beeidigt und richteten in
den gewöhnlichen Civil- und Kriminalfällen. Die Klage wurde schrift-
lich eingereicht, der Prozeß aber mündlich und öffentlich geführt.
8 221. Eine sehr wichtige Behörde war der Areopag (so genannt,
weil er sich auf dem Hügel des Ares versammelte); die Mitglieder
waren es lebenslänglich und mußten Archonten gewesen sein. Der
Areopag richtete über vorsätzlichen Mord, Verwundung, Giftmischerei,
Mordbrand, wachte über Verfassung, Religion und Sitte, die Erziehung,
war also auch eine Art Oberpolizeibehörde.
8 222. Ueber das gesammte Kriegswesen waren zehn Strate-
gen gesetzt, welche wie alle Oberofsiziere von der Volksversammlung
gewählt wurden. Vom 18. bis 60. Jahre war der Athener zum Kriegs-
dienste verpflichtet, zu welchem sich der Jüngling durch Gymnastik
und Waffenübung eifrig vorbereitete. Wer sich im Kriege feige benahm
oder den angewiesenen Posten verließ, verlor die bürgerlichen Ehren
und Rechte; die im Kampfe Gebliebenen wurden feierlich beerdigt, ihre
Kinder auf Staatskosten erzogen.
8 223. Jeder Vater mußte seine Söhne etwas erlernen lassen,
wenn er nicht seinen Anspruch auf Unterstützung im Alter verlieren
wollte. Den Ansassen war gesetzliche Sicherheit gewahrt, und der
Sklave, der von seinem Herrn hart behandelt wurde, konnte sich zum
Heiligthum des Theseus flüchten, und fand man seine Klage gerecht, so
mußte ihn sein Herr verkaufen.
8 224. Solons Verfassung war also ihrem Wesen nach eine demo-
kratische , daher mußte das politische Leben Athens ein sehr bewegtes
werden; im Falle innerer Unruhen hatte Solon verordnet, daß jeder
Bürger bei Strafe der Verbannung Partei ergreifen müsse, womit er
eine schnelle Entscheidung Hervorrufen wollte.
Die Tyrannie der Pisistratiden (560—510 v. Chr.).
8 225. Nach der Annahme der solonischen Verfassung gingen einige
Jahre ohne Erschütterung vorüber, und deßwegen vermochten die
Athener unter der Anführung des jungen Eupatriden Pisistratus
den Megarern die Insel Salamis zu entreißen und selbst Nisäa,
Megaras Hafenstadt, zu erobern; bald entbrannte in Athen aber der
alte Groll des Volkes gegen die Eupatriden aufs neue und diese theilten
sich selbst in zwei Parteien, an deren Spitze die bedeutendsten Familien
traten. So war es möglich, daß Pisistratus, der sich die Neigung des
gemeinen Volks erworben hatte, sich der Tyrannie bemächtigte; durch