1860 -
Freiburg
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Bürgerschule, Gymnasium, Realschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Geschichte der alten Welt.
Griechische Kunst und Wissenschaft vor den perserkriegen.
§ 231. Die Griechen gestanden es willig ein, daß ste den altern
Kulturvölkern des Orients vieles verdankten, aber in dem Zeitraum von
Homer bis zu den Perserkriegen, den wir auf 400 ansetzen dürfen,
hatten die Griechen die Aegyptier, Phönikier, Babylonier re. in der
Hauptsache schon weit überholt. So müssen die griechischen Kriegs-
Schiffbau, schisse entschieden besser gebaut gewesen sein, als die phönikischen,
sonst hätten die Griechen die Seeherrschaft nicht erringen können; schon
um das Jahr 700 v. Chr. baute Aminokles aus Korinth Triercn
(Dreiruder) und als Darius auf dem Feldzuge gegen die europäischen
Skythen sein Heer über den Bosporus bringen wollte, war es kein
Phönikier, sondern der Samier M a n d r o k l e s, welcher eine Schiffbrücke
über' die Meerenge, die wegen ihrer starken Strömung bekannt ist,
Baukunst, legte. Die ägyptischen Tempelsäulen mögen den Griechen als Vorbilder
gedient haben, die Schönheit der dorischen und jonischen Säulenord-
nung ist aber doch Erzeugniß des griechischen Geschmackes, wie der
griechische Tempel mit seinem Giebel und Dache die selbstständige
Entwicklung der griechischen Architektur beweist (Cherstphron vom kre-
tischen Knossus Laute den ersten großen griechischen Tempel, den der
Artemis zu Ephesus um die Zeit der ersten Olympiade, der Samier
Rhökus den der Hera in Samus um 640 v. Ehr.). Aehnlich verhält
Bildende es stch mit der Skulptur; die ältesten Götterbilder waren rohe,
Künste. dreieckige, viereckige, kegelförmige Steine, Holzpfeiler u. s. w. ;
die Holzschnitzer näherten stch aber mehr und mehr der bildlichen Dar-
stellung und während die Aegyptier auf der unter Ramsès Ii. erreich-
ten Stufe stehen blieben, hat stch in Griechenland vor den Perserkriegen
bereits eine äginetisch-dorische und eine jonisch-attische Schule der
Bildhauerei ausgebildet, ist von Rhökus auf Samus, wo frühe schöne
Thonwaaren gefertigt wurden, der Erzguß erfunden.
s 232. Die Poesie entwickelte stch während dieses Zeitraums
Epische Dich- allseitig; die sogenannten kyklischen Dichter behandelten den ganzen
tung. Kreis des Göttermythus und der Heroensage und ergänzten insbesonders
den homerischen (die berühmtesten waren Eumelus, Stasinus,
Lesches,Arktinus, Eugamon, Kinäthon, am Schluffe Pi fand er
und P a n y a s i s) ; fast alle gehörten dem griechischen Asien an, erreichten
den Homer aber keineswegs, denn die epische Dichtung wird mehr und
mehr künstlich, je weiter der Dichter von der Heldenzeit entfernt steht.
Religiöse Besonders blühte während dieses ganzen Zeitraums die religiöse
Dichtung ^0^. ste verkündete theils die Lehre von der Abstammung der Götter
und ihrem Walten, sowie die Pflichten des Menschen gegen dieselben
(Hesiodus von Askrä in Böotien, wahrscheinlich im neunten Jahr-
hnndert v. Ehr., in seiner Théogonie), theils pries ste dieselben in Hym-
nen, von denen eine Anzahl sogenannter homerischer erhalten ist. An die
religiöse Poesie schloß sich die didaktische (belehrende) an: die reli-
giös-moralische (Hesiod in dem Gedichte „Werke und Tage"); die
g nomische, welche in Denksprüchen (Gnomen) Frömmigkeit, Weis-
heit und Klugheit lehrt (Theognis aus Megara, Phokylides aus
Milet, der berühmte Solon); die politische (die Gesetze des Lykurg
in Sparta, des Zaleukus in Lokri, des Charondas zu Katana waren