1860 -
Freiburg
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Bürgerschule, Gymnasium, Realschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
Das römische Kaiserreich.
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§ 584. Derselbe erschien im Frühjahre 70 n. Ehr. vor Jerusa-
lem, in welcher Stadt nach wüthenden Parteikämpfen die größten Fa-
natiker die Herrschaft an sich gerissen hatten. Alle Anerbietungen des
Titus wurden zurückgewiesen, obwohl die Römer die dritte oder äußerste
Mauer bald durchbrachen und der Hunger unter der unglaublich großen
Menschenmenge, welche der Schrecken des Krieges in die Stadt getrie-
den hatte, fürchterlich wüthete. Der römischen Belagerungskunst wi-
derstand aber nichts in die Länge, selbst der Tempel siel in die Gewalt
der stürmenden Römer und ging in Flammen aus. Dennoch vertheidigte
sich der Rest der Juden noch in der oberen Stadt (Zion), die erst drei
Wochen später erstürmt wurde; einzelne Kastelle in Judäa sielen hierauf
nach kurzer Belagerung.
Der jüdische Geschichtschreiber Josephus, welcher den Krieg mit-
machte, gibt die Zahl der umgekommenen Juden auf mehr als 1,100,000
an, die der weggeschleppten Gefangenen auf 97,000; diese erwartete
ein schreckliches Loos: Aufreibung durch Arbeit in Steinbrüchen, Berg-
werken re. oder auf der Arena des Amphitheaters Zersteischung durch
wilde Thiere.
Titus (79-81 n. Chr.).
§ 585. Dem Vespasian folgte sein gleichnamiger Sohn, den
wir gewöhnlich nur mit seinem Vornamen Titus benennen; er hatte
sich unter dem Befehle seines Vaters als Soldat ausgezeichnet und im
jüdischen Kriege seine Feldherrngabe bewährt, dagegen aber durch Hab-
sucht, Ueppigkeit, Uebermuth und die Wahl seiner Gesellschafter schwere
Besorgnisse für die Zukunft erregt. Als Regent schien er aber alle
Leidenschaften von sich geworfen zu haben, denn er war seitdem für
jedermann zugänglich und gütig, bewies auch eine wahrhaft kaiserliche
Wohlthätigkeit, als Rom durch eine dreitägige Feuersbrunst und
darauf durch eine Pest verwüstet wurde. Er vollendete das große
Amphitheater seines Vaters, ein großes öffentliches Bad, das seinen
Namen trägt, und gab bei der Einweihung dieser Gebäude glänzende
Spiele, z. B. eine Seeschlacht, hierauf, nachdem das gestaute Wasser ab-
gelassen war, auf dem gleichen Raume eine Gladiatorenschlacht, zuletzt
einen Kampf von 5000 Bestien, alles an einem Tage.
Im ersten Jahre seiner Regierung erfolgte der erste und größte
Ausbruch des Vesuvs, durch welchen Hcrkulanum, Pompeji und
Stabiä untergingen; vorher hatte der Berg als erloschener Vulkan
gegolten.
Titus starb nach 2 ^jähriger Regierung, vielleicht vergiftet von
seinem Bruder Domitian.
Domitian (81—96 n. Chr.).
8 586. Dieser erneuerte nach vielversprechenden Anfängen die Zei-
ten des Tiberiuö, Kaligula und Nero und wurde endlich durch die Hof-
beamten ermordet, die er sammt seiner Gemahlin auf sein Verzeichniß
der zur Hinrichtung Bestimmten gesetzt hatte. Er war ein Feigling, ver-
stand von dem Kriegswesen nichts und scheute sich doch den Oberbefehl
einem tüchtigen Manne anzuvertrauen, aus Furcht, derselbe möchte die
Legionen zuletzt gegen den Kaiser führen. Als der Dacierkönig Dece-
Zerstörung
Jerusalems
70 n. Ehr.