1861 -
Freiburg
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Gymnasium, Realschule, Höhere Bürgerschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Bürgerschule, Gymnasium, Realschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Geschichte des Mittelalters.
ihres meistens durch Wucher erworbenen Reichthums, sodann wegen
ihrer eigentümlichen Lebensweise und endlich standen sie im Verdachte
mit dem Blute ermordeter Christenkinder Zauberei zu treiben. So
wurde ihnen die Aufregung des ersten Kreuzzuges verderblich; blie-
den sie bei verheerenden Seuchen verschont, wozu ihre Mäßigkeit und
Vorsicht zweifelsohne viel beitrug, so wurden sie beschuldigt die Brun-
nen vergiftet zu haben und massenhaft ermordet.
§ 286. Noch schlimmer aber erging es denen, welche von dem
Glauben der Kirche absielen, den Häretikern oder Ketzern (von dem
griechischen Katharoi, d. h. Reine, weil sie die Kirche von Jrrthü-
mern zu reinigen behaupteten). Diese wurden, sobald sie von der
Geistlichkeit ihres Irrglaubens schuldig erfunden wurden und sich nicht
bekehrten, von dem weltlichen Arme ergriffen und dem Tode, ge-
wöhnlich dem Feuertode überliefert. Diese Justiz war aus dem
Heidenthume (man erinnere sich an die Verfolgung der Philosophen,
an die Christenverfolgungen von Nero bis Diokletian) in das christliche
Cäsarenreich übergegangen und hatte sich auch frühe in das Abendland
übersiedelt. Jedoch ist cs eine falsche Behauptung, daß die mittelalter-
lichen Häretiker harmlose Leute gewesen seien, die gerne in der Stille
ihrer Ueberzeugung gelebt hätten, aber dem spürenden Glaubenshasse
zum Opfer sielen; die Geschichte beweist im Gegentheil, daß fast
alle Häresien mit dem größten Eifer Anhänger warben,
und die Kirche mit glühendem Hasse verfolgten, dem es nur
an der Macht zu einem Religionskriege fehlte. Die Kirche durfte dem
Abfalle nicht ruhig zusehen, und die damaligen Staaten waren so innig
mit der Kirche verbunden, daß ein Abfall von der Kirche zugleich als
eine Empörung gegen die Staatsordnung betrachtet wurde.
Die Albi- § 287. Die bedeutendste Häresie war die der Albigenser (von
genfer. £er Stadt Albi so genannt) in dem südlichen und südwestlichen Frank-
reich. Sie lehrten nicht nur, daß der Besitz weltlicher Macht in den
Händen der Geistlichen unchrifilich sei, sondern hatten in ihren Glauben
auch manichäische Elemente ausgenommen; ihr Beschützer war ihr Lan-
desherr, der mächtige Graf Raymund von Toulouse. Die Be-
kehrungsversuche waren bei ihnen vergeblich, 1208 erschlugen sie sogar
einen päpstlichen Legaten; darauf ordnete Papst Innocenz Iii. in
Uebereinstimmung mit Ludwig Viii. von Frankreich einen Kreuzzug
gegen sie an, in welchem Simon von Montfort der Anführer
war, der Städte und Schlösser erstürmte und ein fürchterliches Blutbad
anrichtete. Ihm war es wie dem König von Frankreich wenigstens
ebenso viel um die Eroberung der Grafschaft als um den wahren
Glauben zu thun, daher kam König Peter von Aragonien, dem
die Grafschaft einmal als Erbtheil zufallen konnte, seinen Verwandten
zu Hilfe, fand aber in der Schlacht den Tod. Selbst als der Papst
den reuigen Grafen schützte, konnte er ihm nur einen Theil seines Be-
1227. sitzeö retten, der andere siel an Montforts Sohn Amalrich, der ihn
später dem französischen König abtrat. Damals führte der Papst die
Dieinqui-Inquisition (Nachforschung) ein, d. h. er verordnete, daß jeder Bi-
sition. in den Pfarreien seiner Diöcese zuverlässige Männer auswähle
und eidlich verpflichte den Ketzereien nachzuspüren und dem Bischöfe zu
berichten; später wurden die Dominikaner mit dieser Inquisition hetraut.