1866 -
Leipzig
: Teubner
- Autor: Stoll, Heinrich Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Griechische Antike, Römische Antike
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Erstes Buch.
lichen Schwierigkeiten zu bereiten und sprengte den Verdacht
aus, Lykurgos strebe dem jungen Könige nach dem Leben. Des-
halb beschloß Lykurg, um der Bosheit seiner Feinde aus dem
Wege zu gehen, das Land zu verlassen, bis sein Nesse mündig
geworden. Er reiste nach Kreta, wo er am längsten verweilte
und die Gesetze und Einrichtungen der eingewanderten Dorier
kennen lernte. Die Dorier von Kreta hatten mehr als andere
an der alten dorischen Zucht und Sitte festgehalten und die alten
Satzungen und Einrichtungen des dorischen Stammes am rein-
sten bewahrt und weiter gebildet; sie glaubten später, diese ihre
geordnete Staatsverfassung stamme von dem alten mythischen
Könige Minos her, der als weiser Gesetzgeber berühmt war,
aber lange vor der dorischen Einwanderung in Kreta geherrscht
hatte, und darum heißt es gewöhnlich, Lykurgos habe auf Kreta
die Gesetze des weisen Minos studirt und mit nach Sparta ge-
nommen. Von Kreta aus reiste Lykurg weiter in die Städte
der kleinasiatischen Griechen und gar bis nach Aegypten, dem Sitze
uralter Weisheit. In dem kleinasiatischen Jouien lernte er die Ge-
dichte des Homer kennen, und er soll der erste gewesen sein, der die-
selben nach dem europäischen Griechenland herübergebracht habe.
Als Lykurgos endlich wieder nach Sparta zurückkehrte, fand
er den Staat in noch größerer Zerrüttung als zuvor und seinen
Neffen Charilaos im Besitze einer tyrannischen Gewalt; deshalb
beschloß er den kranken Staatskörper zu heilen und ihm eine
Einrichtung zu geben, wie er sie in Kreta kennen gelernt hatte.
Vorher aber begab er sich nach Delphi, um das Orakel des
Apollon zu befragen, ohne dessen Rath in Sparta nichts Wich-
tiges geschah. Bei seinen: Eintritt in das Heiligthum empfing
ihn die Pythia mit den Worten:
„O Lykurgos, du kommst zu meinem gesegneten Tempel,
Werth und theuer dem Zeus und sämmtlichen Himmelsbcwohuern.
Soll ich als Gott dich begrüßen, so frag' ich mich, oder als Menschen?
Ja, ich meine, du bist wohl eher ein Gott, o Lykurgos!"